Agni-Magazin
Herbst 2021
Deines Lebens!
Du bist der Architekt
Deines Lebens!
Ein jahreszeitliches Editorial zum freudvollen Leben
für ein freudvolles Leben!
Von Michael Nickel
Wie kommt eigentlich Fülle in unser Leben? Diese Frage hört sich einfach an, ist aber bei genauerer Betrachtung gar nicht so einfach zu beantworten. Dafür gibt es viele Gründe. Es beginnt schon damit, dass wir vielleicht gar nicht so genau wissen, was wir eigentlich als Fülle in unserem Leben ansehen und was als Mangel. Es ist immer einfach, die momentane Situation zu betrachten. Spontan fällt den meisten dann so einiges ein, was im Leben fehlt. Geht es Dir auch so? – Doch was ist eigentlich mit dem, was bereits da ist? Sind wir uns der Fülle und dem erfüllenden Gefühl dessen bewusst, was gerade im Augenblick vorhanden ist? Ist es nicht so, dass wir in unserem Streben nach dem, was wir als fehlend empfinden, völlig vergessen, das zu sehen, was bereits da ist.
Wenn man diesen Gedanken zu Grunde legt, dann wird schnell klar, dass man nach Fülle im Leben nicht nur streben muss, man muss sie auch einfach zulassen. In anderen Worten, indem wir unser Gefühl von Fülle aus dem Bewusstwerden für das, was bereits um uns herum an Erfüllendem da ist, ziehen, erlauben wir es der Fülle zu uns zu kommen, anstatt ihr nachzurennen. Ein Aspekt der Balance von Hereinkommenlassen und Hinausstreben also. … weiterlesen …
Worte der Weisheit
Lesedauer < 1 Minute
Von Pandit Rajmani Tigunait
Anstatt zu erwarten,
dass die Außenwelt deinen Erwartungen entspricht,
lerne, das Unerwartete zu erwarten.
Aktuell im Fokus
Lesedauer 6 Minuten
Von Swami Rama
Dharma war zu allen Zeiten eine große Kraft, um die Menschheit zu beflügeln. Dharma kann uns heute genauso helfen wie in alten Zeiten, aber nur, wenn wir anfangen, die Wahrheit zu leben und nicht nur an sie zu glauben. Wenn wir uns vom Dharma abwenden und uns von der Wahrheit distanzieren, raubt uns das den Seelenfrieden und führt zu Elend. In der Dharma-Praxis wird uns geraten, den Schleier der Unwissenheit abzulegen und Wahrhaftigkeit in unseren Gedanken, Worten und Handlungen zu praktizieren.
Das Wort Dharma hat mehrere Bedeutungen. Nach Ansicht einiger Gelehrter ist die Ausführung von Handlungen Dharma. Nach Ansicht anderer sind Handlungen, die allein durch Rechtschaffenheit aufrechterhalten werden, Dharma. Gemäß der Bhagavad Gita hat das Karma oder die Handlung Brahman (höchste Wahrheit) als Ursprung. Das bedeutet, dass wir Brahman erlangen können, wenn wir unsere Handlungen richtig ausführen. Jede Handlung kann ein Teil des Dharma werden, solange sie auf die Wahrheit ausgerichtet ist. Dharma bezieht sich auf das, was die Menschheit aufrechterhält, stützt und schließlich zu den erhabenen Höhen weltlicher und spiritueller Herrlichkeit führt. … weiterlesen …
Unsere Beiträgsauswahl für Dich: Mehr zu Dharma und sinnerfülltem Leben.
Von Swami Rama
Buchauszug aus seinem Buch
“Mein Leben mit den Meistern des Himalayas – Erfahrungen eines modernen Weisen und Yogi“
In meinen jungen Jahren streifte ich gewöhnlich durch die Berge. Morgens bestieg ich die Berggipfel in fünf bis acht Kilometern Entfernung von der Klause, in der ich mit meinem Meister lebte. Ausgerüstet war ich mit einem langen Stab, der mir beim Klettern half und ich hatte das Tagebuch und einige wenige Stifte bei mir. Nach dem 15. September beginnt es im Himalaya zu schneien. Doch ich unternahm weiterhin ausgiebige Streifzüge zu den umliegenden Berggipfeln und sang dabei die Hymnen der göttlichen Mutter. Von Zeit zu Zeit kam mir der Gedanke, dass mein Leben denen gehörte, die unserer Tradition folgen. Ich scherte mich nicht um meine Individualität, aber ich war mir der Tradition der Weisen, der ich folgte, immer bewusst. Obwohl ich die Disziplin viele Male gebrochen habe und aufsässig war, wurde mir stets vergeben. In dieser Phase wurden mir etliche tiefgründige psychologische und spirituelle Erfahrungen zuteil. Manchmal war mir wie ein König zumute, jedoch ungeachtet der Bürde einer Krone auf dem Kopf. Ohne menschliche Gesellschaft und Kommunikation zu sein, schenkte mir großen Frieden und Gelassenheit. Mir wurde klar, wie friedvoll die Natur ist. Sie stört nur diejenigen, die sich selbst stören, doch sie lehrt jene Weisheit, die ihre Schönheit bewundern und wertschätzen. Das gilt besonders für den Himalaya. … weiterlesen
Mit deinem Atem zu ruhige, Geist und Ausgeglichenheit: Atembewusstsein und Pranayama
Von Swami Rama
Buchauszug aus seinem Buch
„Die Wissenschaft vom Atem – Eine praktische Einführung in Atmung, Atemachtsamkeit und Pranayama„
Das Sanskritwort Pranayama wird oft mit »die Wissenschaft vom Atem« übersetzt, aber das ist eine begrenzte Interpretation. Pranayama bedeutet wörtlich »das Ayama (Erweiterung oder Manifestation) von Prana (pra: erste Einheit; na: Energie)«. Prana ist die Lebensenergie des Universums. Gemäß einer der Schulen der indischen Philosophie wurde das gesamte Universum aus Akasha (Raum) durch die Energie des Pranas projiziert. Akasha ist das unendliche, allumfassende Material des Universums, und Prana ist die unendliche, alldurchdringende Energie der universellen kosmischen Energie. Alle verschiedenen Formen dieses Universums werden von ihm getragen. Pranayama ist die Wissenschaft, die Wissen über die Kontrolle von Prana vermittelt.
Wer gelernt hat, Prana zu kontrollieren, hat gelernt, alle Energien dieses Universums zu kontrollieren – physisch und mental. Er hat damit zugleich gelernt, seinen Körper und Geist zu kontrollieren.
Inspirierendes und Interessantes für Dich aus der Welt von Yoga, Meditation, Achtsamkeit, Lebenssinn und Lebensglück, Philosophie, Spiritualität, Ayurveda und Wohlbefinden.
Herbst 2021: Die Fülle des Lebens wahrnehmen, teilen und gemeinsam genießen
ZeitpunktLesedauer 6 Minuten
Von Michael Nickel
Langsam aber sicher macht sich das Herbstgefühl wieder breit. Die Tage werden schon deutlich kürzer, die Nächte kälter und die Luft ist klar und beginnt den Schein der Herbstsonne in ihrer charakteristischen Weise über uns auszuschütten. Das Herbstgefühl ruft in vielen von uns eine Art Wehmut hervor, das war wohl schon immer so und wurde von unzähligen Dichtern zum Ausdruck gebracht. Unter diesen Herbstgedichten ist mir seit langer Zeit eines von Rainer Maria Rilke ans Herz gewachsen:
So melancholisch das Gedicht zunächst klingen mag, so sehr betont Rilke in ihm doch auch die Fülle des Lebens, die im Herbst steckt. Nicht umsonst feiern viele Kulturen rund um die Welt ein Erntedankfest – die einen früher, die andern später, doch selbst dort wo die Jahreszeiten nicht so ausgeprägt sind wie in unseren Breiten und es vielleicht sogar mehrere Ernten im Jahr gibt, ist diese Idee und dieser Drang sich zu einem bestimmten Fest im Jahreslauf für die Fülle der Geschenke der Natur zu bedanken, fest verankert.
Auch wenn wir – wie Rilke in seiner zweiten Strophe – dieses drängende und allzu menschliche Verlangen haben, dass diese Fülle noch immenser sein möge, damit wir sie noch einmal voll auskosten können, es bleibt dass Bewusstsein, dass der lange, kalte Winter kommt.
Doch noch ist es nicht soweit und ich möchte mich auch nicht in einer Gedichtsinterpretation zu einem meiner Lieblingsdichter verlieren, auch wenn es eine herrliche Doppeldeutigkeit in sich trägt, die den Jahreslauf allegorisch mit dem Lebenslauf von uns Menschen vergleicht. Darin klingt bei Rilke immer wieder eine Art Weltsicht, die an die östliche Spiritualität erinnern mag und sich den großen Kräften des Universums hingibt – wie dem Wind im Gedicht.
Doch bei Rilke schwingt, wenn es um den späteren Herbst und vielleicht auch den Herbst unserer Lebenszeit geht – wie bei so vielen von uns Menschen – ein Gefühl der Einsamkeit, der Unruhe und des Unfriedens mit. Das unruhige wandern im Alleinsein in den Alleen, in denen der Wind die Blätter treibt. Der Mensch, der sich kein Haus mehr baut – weil es zu spät ist … Das alles hat klar etwas mit dem zu tun, was uns laut Sri-Vidya-Philosophie den Frieden raubt – und was überhaupt nach deren Vorstellung zum Frieden gehört und diesen ausmacht. Darüber habe ich vor einiger Zeit geschrieben und es passt wunderbar zu diesen Herbstgedanken, auch wenn diese beiden Gedankenfutter nicht im eigentlichen Sinn Teil dieser Herbst-Edition des Agni-Magazins sind.
Die Frage, die sich hier basierend auf Rilkes beispielhaftem Herbstgefühl des Alleinseins stellt ist jedoch: Müssen wir wir allein sein? Müssen wir uns alleine fühlen? Müssen wir Angst haben, die Fülle zu verlieren?