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Kurzinterview mit Katrin Reich-Ufondu

Wir sprechen mit Katrin Reich-Ufondu, die als Yogalehrerin und Krebsbloggerin aktiv ist.

Katrin, Du bloggst zum Thema Krebs. Wie ist das Thema in Dein Leben gekommen?

Vor mehr als acht Jahren drängte sich der Krebs erstmals in mein Leben und überraschte mich eiskalt. Ich war so überzeugt davon, dass der Knoten in meiner rechten Brust gutartig sein würde, dass ich den Termin zur Befundbesprechung auf den Tag meines Umzugs gelegt hatte. Es wurde leider keine Formalie und so hatte ich 400 km Autobahnfahrt Zeit, mich zu sammeln und meine nächsten Schritte zu planen. Für mich und für meine Tochter, denn ich war im 4. Monat schwanger. Ich wurde operiert, im Anschluss daran begann die Chemotherapie. Zu diesem Zeitpunkt trat Yoga Nidra in Form einer Aufnahme meines jetzigen Lehrers Rod Stryker in mein Leben. Diese Übung wurde mein Anker in den dunkleren Momenten meiner Therapie. Meine Tochter, die wir Zoe, das Leben, nannten, kam gesund zur Welt und auch ich durfte mich geheilt fühlen. Ich begann mein Leben zu ändern, soweit, wie mir das mit zwei Kleinkindern eben möglich war und begann, tiefer in den Yoga einzutauchen, und das Hamsterrad meines vorherigen Lebens hinter mir zu lassen. Ich fühlte mich sicher.

So fiel ich vor drei Jahren wiederum aus allen Wolken, als ich erfuhr, dass mein überwunden geglaubter Brustkrebs die letzten Jahre dazu genutzt hatte, sich in meinen Knochen auszubreiten. Plötzlich war ich Palliativpatientin. Mit 41 Jahren und zwei immer noch ziemlich kleinen Kindern. Dabei fühlte ich mich an sich ziemlich fit, unterrichtete inzwischen fleißig und mit gewissen Ambitionen Yoga.

Wie bist Du mit Deinen Herausforderungen mit Krebs umgegangen und was hat Dir dabei aus der Yoga-Perspektive sonst noch geholfen?

Trotz all der Angst, der Ungewissheit und meiner allgemeinen Fassungslosigkeit spürte ich von Anfang an in mir die tiefe Gewissheit, wieder gesund zu werden. Ich meinte, die gleiche Stimme zu hören, die mir während der Tiefpunkte meiner Ersttherapie Mut zugesprochen hatte. Meine Yoga-Praxis der letzten Jahre half mir, den Ärztemarathon, der auf meine zweite Diagnose folgte, relativ ruhig zu absolvieren. Mir war klar, dass der Yoga eine wichtige Säule meiner Heilung sein würde. Ich war und bin in der glücklichen Lage, mir diese und andere (inzwischen virtuelle) Yoga-Fortbildungen leisten zu können. Für dieses Privileg bin ich sehr dankbar. So flog ich als Neu-Palliativpatientin fünf Wochen und unzählige Arzttermine später auf Empfehlung eines Herzensmenschens an einen ganz besonderen Ort, um meine Praxis zu vertiefen: Das Himalayan Institute in Honesdale, USA. Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Ich sog die magische und nährende Energie dieses Ortes auf und verließ das Institut mit einem ganz besonderen Mantra im Gepäck, das mich bis heute begleitet. Es ist mein Anker, wenn die Äffchen im Oberstübchen lauter werden, wenn ich in manchen Situationen kurz davor bin, mich der Angst zu ergeben. Es ist meine Quelle, aus der ich schöpfe, um voller Freude zu leben trotz der Ungewissheit um meine Gesundheit.

Wie unterstützt Dich Deine Yoga-Praxis im Umgang mit Krebs?

Seitdem sind drei Jahre vergangen. Drei Jahre voller Höhen und Tiefen. Drei Jahren, in denen ich mir Stück für Stück mehr Freiheit und Eigenverantwortlichkeit im Umgang mit meiner Krankheit erarbeitet habe. Mit Hilfe des Yogas: Durch meine eigene Praxis, Weiterbildungen, den Austausch mit Gleichgesinnten und das Unterrichten, das ich die ganze Zeit über, wenn auch reduziert, beibehalten habe. In meiner Praxis nehmen Pranayama und Meditation mit stiller Mantra-Rezitation (Japa) mehr Raum ein als der physische Part, da mein Energielevel therapiebedingt schwankt. Ich bin sehr dankbar dafür, persönlich initiiert worden zu sein, dafür, dadurch Zugang zur Kraft und der Magie lebendiger Mantras erhalten zu haben. Überhaupt ist meine Praxis weicher und intuitiver geworden und hat mich gelehrt, dem Vertrauen, der Gnade, Raum zu geben. Dies war und ist ein Prozess, der mich, die personifizierte Ungeduld, hat spüren lassen, wie sich wahrhaft integriertes Wissen anfühlt. Zudem übe ich Yoga Nidra, vor allem in der Himalaya Tradition und Methoden der Selbstreflexion (Vichara), wie sie Rod Stryker lehrt. Vichara hilft mir, meine Herausforderungen im Leben jenseits von Yogamatte und Meditationskissen besser zu verstehen und dabei, authentisch zu wachsen.

Was bedeutet Deine Krebs-Erkrankung persönlich im größeren Kontext?

Ich sehe meine Krankheit als Tapas, als ultimative Aufforderung, wahrhaft authentisch dem Ruf meiner Seele zu folgen. Stück für Stück, ohne ein klares Ziel vor Augen zu haben, sondern im Vertrauen, ohne Angst davor, Fehler zu machen. Daher habe ich begonnen, mich auf Instagram zu zeigen, um anderen Palliativpatienten Mut zu machen, ihre Krankheit ganzheitlich zu betrachten. Ohne auf Followerzahlen zu schielen. Seit kurzem engagiere ich mich zudem ehrenamtlich für die Rexroth von Fircks Stiftung, die Kuren für an Krebs erkrankte Mütter anbietet, bei denen auch die mitbetroffenen Kinder psychologisch betreut werden. Über kurz oder lang werde ich sicher die beiden Bereiche „Yoga“ und „Krebs“ in einem Projekt verbinden. Aktuell stecke ich im Zertifizerungsprozess für meine ParaYoga Nidra-Ausbildung. Ich hätte da schon die ein oder andere Idee. Aber eins nach dem anderen.

Herzlichen Dank, liebe Katrin, für die persönlichen Einblicke in diesem Interview und für Deinen inspirierenden Einsatz!

 

Zur Person: Katrin Reich-Ufondu ist Yogalehrerin, Mutter und Krebsbloggerin. Sie lebt mit Mann, Kindern und zwei Katzen in der Nähe von Hamburg. Weitere Informationen über ihre Yogatätigkeit findest Du unter www.yogareich.de; als Bloggerin ist Katrin auf Instagram aktiv.

 

Lesedauer 7 Minuten

Von Swami Rama

Buchauszug aus seinem Buch
Die Wissenschaft vom Atem – Eine praktische Einführung in Atmung, Atemachtsamkeit und Pranayama

Der wichtigste Aspekt der Atemkontrolle ist die Zwerchfellatmung. Der Durchschnittsmensch benutzt beim Atmen seine Brustmuskeln eher als sein Zwerchfell, und diese Atmung ist normalerweise flach, schnell und unregelmäßig. Infolgedessen werden die unteren Lung­en­lappen, die eine reichliche Blutversorgung erhalten, nicht aus­reich­end belüftet, sodass der Gasaustausch zwischen der Luft in der Lunge und dem Blut unzureichend ist. Atemphysiologen bezeichnen dies als eine Anomalie der Atemwegsperfusion. Bei der Zwerch­fell­atmung werden solche Ungleichgewichte zwischen Beatmung und Perfusion minimiert. Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Zwerch­fellatmung vorteilhaft ist, da sie den in der Brusthöhle erzeugten Saugdruck erhöht und den venösen Rückfluss von Blut verbessert, wodurch die Belastung des Herzens reduziert und die Durchblutung verbessert wird.

Obwohl die Brustatmung für die meisten von uns inzwischen natürlich und unwillkürlich geworden ist, ist sie wirklich ein Teil des Kampf- und Fluchtsyndroms, welches ausgelöst wird, wenn der Or­ga­nismus durch äußeren Stress oder Gefahr herausgefordert wird. Aufgrund der Wechselwirkung zwischen Atem und Geist führt die Brustatmung wiederum zu der mit der Kampf- und Fluchtreaktion verbundenen Spannung und Angst. Bei der Brustatmung ist der Atem flach, ruckartig und unsicher, was zu einer ähnlichen Un­sicherheit des Geistes führt. Alle Techniken, die auf die Entspannung von Körper, Nerven und Geist abzielen, sind wirkungslos, es sei denn, die Brustatmung wird durch eine tiefe, gleichmäßige und stetige Zwerchfellatmung ersetzt.

Gleichmäßige Zwerchfellatmung wiederherstellen

Obwohl die Zwerchfellatmung einfach, leicht und vorteilhaft ist, muss die Gewohnheit, sie anzuwenden, bewusst gepflegt werden, bevor sie automatisch erfolgen kann. Eine einfache Praxis, dies zu erreichen, ist, auf dem Rücken auf einer Matte oder einem Teppich zu liegen, wobei eine Handfläche auf der Mitte der Brust und die andere auf der Unterkante des Brustkorbes liegt, wo der Bauch beginnt. Beim Einatmen sollte sich die Unterkante des Brustkorbes ausdehnen und der Bauch anheben. Beim Ausatmen sollte das Gegenteil eintreten. Es sollte relativ wenig Bewegung in der oberen Brust geben. Durch das Praktizieren dieser Übung werden Sie zu gegebener Zeit feststellen, dass die Zwerchfellatmung zur Gewohn­heit und automatisch wird.

Als Nächstes sollten Sie die Gewohnheit der harmonischen, rhythmischen Atmung zusammen mit der Zwerchfellatmung pfle­gen. Die Beobachtung der Atemfrequenz pro Minute sowohl beim Ein- als auch beim Ausatmen ist sehr therapeutisch und keineswegs schwierig. Die Atmung zwischen sechzehn und zwanzig Atemzügen pro Minute gilt als durchschnittlich, aber wenn sowohl die Ein- als auch die Ausatmung immer langsamer und glatter werden, wird die Atmung einfacher.

Darüber hinaus sind sich moderne Wissenschaftler bewusst, dass beim Einatmen Plasma aus den Kapillaren in die Alveolen eindringt (es kehrt während der Ausatmung wieder in den Kreislauf zurück), sodass eine Verlängerung der Einatmung die verfügbare Zeit für diesen Transfer erhöht. Deshalb sollten Sie zuerst lernen, Ihre Einatmung zu verlangsamen. Die rhythmische Zwerchfellatmung bringt auch mehr Luft und Sauerstoff in die Bronchien der Lunge und in den Blutkreislauf. Es erhöht die Rückführung von venösem (sauerstoffarmem) Blut in die Lunge und führt zu einer erhöhten Durchblutung der Kapillaren der Alveolen.

Die Zwerchfellatmung kann in einer stabilen Standhaltung, einer stabilen Sitzhaltung oder durch Liegen auf dem Rücken mit den Händen an den Körperseiten, Handflächen nach oben und leicht auseinander liegenden Beinen praktiziert werden – letztere Position wird als Shavasana oder die Totenhaltung bezeichnet. Die Ausatmung sollte durch die Nasenlöcher erfolgen, und es sollte kein Geräusch in der Atmung sein. Nach dem vollständigen Ausatmen beginnt die Einatmung. Die Pause wird minimiert, man atmet wieder durch die Nasenlöcher und macht keine Geräusche.

Übung: Makarasana (Krokodilhaltung)

Wenn Sie die Zwerchfellatmung im Sitzen nicht hinbekommen oder aus irgendeinem Grund nicht üben können, dann beginnen Sie in der Krokodilhaltung. Legen Sie sich auf den Bauch, legen Sie die Beine in einem angenehmen Abstand voneinander und richten Sie die Zehen nach außen. Falten Sie die Arme vor dem Körper und legen Sie die Hände auf den Bizeps. Positionieren Sie die Arme so, dass die Brust den Boden nicht berührt, und legen Sie die Stirn auf die Arme.

Diese Haltung ist ein hervorragendes Lehrmittel, denn sie er­möglicht es Ihnen, das Gefühl zu erleben, mit dem Zwerchfell zu atmen. Denn wenn Sie einatmen, spüren Sie, dass der Bauch gegen den Boden drückt, und wenn Sie ausatmen, spüren Sie, wie sich die Bauchmuskeln entspannen. So ist es einfach, die Bewegung der Membran in dieser Haltung zu bemerken.

Übung: Sandsack-Atmung

Diese Praxis wird die Bauch- und Zwerchfellmuskulatur stärken. Es wird auch dazu beitragen, die Bewegung der Lunge in Zusammen­arbeit mit der Bewegung der Muskeln des Zwerchfells zu regulieren. Legen Sie sich in Shavasana auf den Rücken, schließen Sie sanft Ihre Lippen und entspannen Sie Ihren Körper von Kopf bis Fuß. Beruhigen Sie Ihren Atem. Legen Sie nun vorsichtig einen zwei bis drei Kilogramm schweren Sandsack auf Ihren Bauch. Wenn Sie Herz­probleme, Lungenprobleme oder Blutdruckanomalien haben, legen Sie den Sandsack auf die Muskeln unter dem Nabel, aber stellen Sie sicher, dass kein Teil des Sandsacks vom Beckengürtel gestützt wird.

Schließen Sie die Augen und atmen Sie. Spüren Sie, wie der Sandsack beim Einatmen aufsteigt und beim Ausatmen fällt. Sie müssen sich bemühen, einzuatmen, aber die Ausatmung sollte mühe­los sein. Nach drei bis fünf Minuten nehmen Sie den Sandsack weg und entspannen sich noch ein paar Minuten auf dem Rücken.
Wenn Sie regelmäßig praktizieren, können Sie das Gewicht des Sandsacks alle zwei Wochen erhöhen. Aber tun Sie dies allmählich, bleiben Sie innerhalb Ihrer komfortablen Kapazität, und über­schreiten Sie nicht mehr als sieben bis acht Kilogramm.

Vorteile der Zwerchfellatmung

Die Zwerchfellatmung senkt die Atemfrequenz erheblich. Es ist die Grundübung, die man praktiziert, um die höheren Praktiken zu erreichen, und Nutzen aus der Wissenschaft des Atems zu ziehen. Die Atmung von Luft in die tiefen Bereiche der Lunge ist in jeder Hinsicht gesund. Da der Herzbeutel am Zwerchfell befestigt ist, bewirkt der Prozess der tiefen Atmung, dass das Zwerchfell sich senkt und das Herz nach unten in Richtung Bauch gestreckt wird. Wenn die Lungen von unten nach oben mit Luft gefüllt sind, drücken sie sich zusammen und massieren das Herz sanft. Während sich das Zwerchfell zusammenzieht, und entspannt, massiert es auch Herz, Leber und Bauchspeicheldrüse und hilft, die Funktionen von Milz, Magen, Dünndarm und Bauch zu verbessern.

Wenn die Praxis der rhythmischen Zwerchfellatmung mindestens zwei Monate lang zehnmal täglich durchgeführt wird, mit all­mählicher und gleichmäßiger Verlängerung der Ein- und Ausatmung, erlebt der Körper ein Gefühl der tiefen Entspannung und Ruhe – erholsamer als der tiefste Schlaf. Man bleibt frei von dem Stress und der Anstrengung, die die Ursache für viele körperliche und psychosomatische Krankheiten ist. Die Nerven werden ruhig sein, und die Stimme und das Gesicht werden Gelassenheit ausstrahlen.

 

Das Buch von Swami Rama „Die Wissenschaft vom Atem – Eine praktische Einführung in Atmung, Atemachtsamkeit und Pranayama“ erschien 2019 als deutsche Neuübersetzung als Softcover im Agni Verlag. Du erhältst das Buch im Online-Shop des Agni Verlags, über unseren Amazon Verlagsshop oder im gutsortierten örtlichen Buchhandel. Die PDF Flipbook-Vorschau zu „Die Wissenschaft vom Atem“ findest Du auf der Buchseite im Agni Verlag Webshop.