Surya Vijnana, die solare Wissenschaft, und die transformierende Kraft des Feuers

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Lesedauer 8 Minuten

Von Pandit Rajmani Tigunait

Aghori Baba war ein tantrischer Meister mit einer umfassenden Kenntnis der Schriften. Er war außergewöhnlich intelligent ex­perimentierte als spiritueller Wissenschaftler beständig mit der Dynamik zwischen Materie und Energie, mit ihrer wechselseitigen Austauschbarkeit und damit, wie sie mit dem reinen Bewusstsein zusammenhängen. Die Schriften des Aghora-Wegs beschreiben, wie sich Materie und Energie in zahllosen Formen aus dem Bewusstsein heraus entwickelt haben, wie dieses ganze Universum vom Bewusstsein erschaffen wurde und wie das Bewusstsein Materie und Energie für sein göttliches Spiel als Bühne benützt. Wer diese Wahrheit kennt, ist gelehrt, und wer direkte Erfahrungen mit ihr gewonnen hat, der ist erleuchtet. Mir war immer Swamijis Zuneigung zu Aghori Baba aufgefallen und zu der Höhle, in der er lebte. Und selbst nachdem dieser Weise seinen Körper verlassen hatte, besuchte Swamiji noch oft seine Höhle. Dabei nahm er häufig auch einige ausgesuchte Studenten mit.

Dann, im Jahr 1983 sprach Swamiji über diesen Weisen im Rahmen eines Vortrags über die Aghora-Tradition und das esoterische Wissen der solaren Wissenschaft – Surya Vijnana. Dabei gewann ich einen Eindruck von Swamijis Beziehung zu diesem Meister. Von da an war ich mir sicher, dass Aghori Baba eine der Hauptquellen für Swamijis Kenntnisse über die solare Wissenschaft gewesen ist. Aus Unterhaltungen mit ihm und aus den Schriften des großen Gelehrten G. N. Kaviraj hatte ich gelernt, dass Meister dieser esoterischen Wissenschaft über außerordentliche Heilkräfte verfügen und dass sie willentlich Materie in Energie verwandeln können und umgekehrt. In meinem Herzen entwickelte sich so das Gefühl, dass Swamiji selbst auch ein Meister dieser Wissenschaft war. Weil ich sowohl in Indien als in den USA Dutzende von Geschichten darüber gehört hatte, wie er andere Menschen geheilt hat, oder wie er nur aus der Luft heraus Objekte erzeugt hat, wie beispielsweise einen Shiva-Lingam, Yantras und verschiedene Arten von Blumen. Eine dieser Geschichten drehte sich um die Familie Tandon aus Kanpur, deren Mitglieder schon seit vielen Jahren Schüler von Swamiji gewesen waren. Als die Familie sich auf eine Hochzeit vorbereitete, wurde eines der Kinder krank. Die herbeigerufenen Ärzte konnten nichts machen und es schien so, als ob der Junge sterben würde. Swamiji kam vorbei, und als er vom Zustand des Kindes erfuhr, gab man ihm ein Glas Wasser, um das er gebeten hatte. Mit dem Glas in der Hand ging er um den Jungen herum, trank dann daraus und verließ das Haus. Das Fieber ging augenblicklich zurück und das Kind wurde vollkommen gesund. Wie wir später sehen werden, gibt es ähnliche Berichte aus den Vereinigten Staaten.

Ich zweifelte nicht an der Wahrheit solcher Geschichten, aber ich wusste nicht, welcher Praktiken sich Yogis bedienen, um die außergewöhnliche Fähig­keiten zu erlangen, andere Menschen zu heilen oder eine Form von Materie in eine andere zu verwandeln. Dann eines Tages, spät in der Nacht, als ich ihm einige Seiten aus meiner Hindi-Über­setzung von »Mein Leben mit den Meistern des Himalayas« laut vorgelesen hatte, entließ er mich mit der Auf­forder­ung am frühen Morgen wieder zu kommen. Also ging ich um 6:30 Uhr zu ihm. Normalerweise schlief er in einer Ecke seines kleinen Speiseraums, in dieser Nacht aber hatte er sein Bett in den an­grenz­enden Konferenzraum ver­legt, und ich fand ihn dort auf der Decke sitzend, die ihm als Bett diente. Unmittelbar nachdem ich den Raum betreten hatte, fiel mir auf, dass der große Gummibaum in der westlichen Ecke dieses Raumes wesentlich kleiner geworden war. Vorher war er so groß gewesen, dass die Spitze sich schon an der Decke entlang gebogen hatte. Daher hatten wir schon vorgehabt, ihn ins Solarium zu bringen, wo die Decke höher war. Jetzt aber war seine Spitze mindestens zwei Fuß unterhalb der Decke.

 

Als Erstes dachte ich, dass ihn jemand vielleicht in einen kleineren Topf umge­pflanzt oder ihn gestutzt hätte, als ich aber genauer hinschaute, sah ich, dass es immer noch der gleiche Topf war und die Spitze des Baumes völlig unver­ändert war. Daher fragte ich: »Swamiji, was ist mit dieser Pflanze ge­schehen? Warum ist sie so kurz?« Swamiji antwortete: »Ich habe ein Experiment gemacht, wie man ein großes Objekt kleiner machen kann«. Als ich wissen wollte, wie er das gemacht hatte, erklärte er: »Man muss ein­fach nur einiges von der Masse in Energie umwandeln, und diese dann irgend­wo anders hinleiten.« Ich wollte es genauer wissen: »Wie hast du die Materie der Pflanze in Energie umgewandelt und wohin hast du die dann geleitet?« Er erwiderte nur: »Möchtest du gern sehen, wie ich das gemacht habe? Ich werd’s dir zeigen.« Und damit streckte er seinen Zeigefinger zur Pflanze hin aus und bat mich, meine Hand etwa drei Fuß von der Pflanze entfernt zwischen seinen Finger und die Pflanze zu hal­ten. Ich fühlte eine unglaublich starke Energie von seinem Finger zur Pflanze hin strömen. Das war völlig unerträglich. Dann forderte er mich auf, meinen Blick auf die Pflanze zu richten und erklärte mir dabei, dass er gerade ein wenig von der Materie seines Körpers auf die Pflanze übertrage. Innerhalb von Minuten zeigten sich überall auf der Pflanze kleine Knoten, die größten waren auf dem Stamm zu sehen.

Swamiji erklärte dazu, dass der Gummibaum, obwohl er eine schnell wachsende Pflanze sei, die Menge an Materie, die er an sie übertrage, nicht so schnell aufnehmen könne, weshalb sich die Knoten gebildet hätten. Während er seinen Finger wegnahm, sagte er: »Nun ist die Pflanze um ein paar Pfund schwerer und ich bin ein paar Pfund leichter.« Kurze Zeit danach hob er seinen Finger erneut hoch und kehrte nun die Prozedur um. Dieses Mal empfand ich, als ich meine Hand zwischen seinen Finger und die Pflanze hielt, einen sehr starken Energiestrom vom Gummi­baum aus zu seinem Finger hin. Ich wollte gern von ihm wissen, wie der mensch­liche Körper eine solche Masse an Materie innerhalb von Minuten assimilieren könne, und daher fragte ich: »Bilden sich jetzt Knoten auf deinem Körper?« Swamiji verneinte. »Wo aber legst du die ganze Materie dann ab? Und wie assimilierst du sie?«, fragte ich, worauf er erklärte: »Ich deponiere sie in meinem Unterleib. Ich gebe sie in das Feuer, das sie verzehren und im Laufe der Zeit im ganzen Körper verteilen wird.« In diesem Augenblick kam Swamijis Sekretärin, Kamal, in den Raum. Swamiji schaute zu ihr hin und sagte scherzend: »Hey, großes Mädchen, soll ich dich mal etwas kleiner machen?« Mit ihrem gewohnt disziplinierten Lächeln antwortete sie: »Nein, vielen Dank!« Und damit begann sie mit der Erledigung ihrer morgendlichen Aufgaben.

Von früheren Diskussionen mit Swamiji und aus der Lektüre von Schriften wusste ich, dass Feuer die Grundlage für Umgestaltung ist. Als er daher sagte »Ich gebe sie in das Feuer, das sie verzehren und im Laufe der Zeit im ganzen Körper verteilen wird«, ergriff ich sofort die Gelegenheit, mehr über das Feuer zu erfragen. »Swamiji, was ist dieses Feuer? Wo hat es seinen Sitz? Welche Funktionen hat es? Ist es das Feuer oder ist es der Yogi, der mit Hilfe des Feuers Materie in Energie verwandelt und umgekehrt? Können wir durch unsere Praxis die Meisterschaft über das Feuer erlangen, oder erlangen wir durch unsere Praxis die Gnade, die uns das Feuer gewährt? Und letztlich: Welche Praxis genau ist geeignet, das Mysterium des Feuers zu enthüllen?«

Swamiji erklärte mir: »Aghori Baba war ein Meister dieser Wissenschaft, und er erinnerte mich stets daran, dass das Feuer der eigentliche Kern der Yoga-Praxis ist. Es ist die Wirkung des Feuers, die einen Yogi befähigt, einen strahlenden Körper und einen brillanten Geist zu entwickeln und zu erhalten. Yogis meditieren auf das Feuer im Nabelzentrum, in unserer Tradition aber meditieren die Meister auf das Feuer im Zentrum des Beckenbodens, das Svadhishthana-Chakra. Das Feuer hier wird Samvarta Agni genannt. Dieser Aspekt des Feuers ist es, der Materie in Energie verwandelt. Untrennbar davon ist Samaya Agni, wodurch Energie auch in Materie verwandelt wird. Alle Formen einer Veränderung – seien sie physisch, mental oder spirituell, innerlich oder äußerlich – hängen vollkommen mit diesen beiden untrenn­baren Aspekten des Feuers zusammen. Einige meditieren auf dieses Feuer, indem sie dem Weg des Yoga folgen, andere beten das Feuer mit rituellen Opfergaben und mit Mantra-Rezitationen an.« Ich drängte ihn: »Kann ich diese Wissenschaft ebenfalls lernen und praktizieren?« Er stimmte zu: »Warum nicht? Wir sollten wirklich einen intensiven Kurs über dieses Thema anbieten. Es wird den Menschen helfen. Diesen Kurs werden wir nennen: ›Der Weg von Feuer und Licht‹.« Das war der Anfang des jährlichen Retreats und Intensivkurses, der unter dieser Bezeichnung bekannt wurde. Später wurden diese Vorträge zusammengefasst und als Buch unter dem gleichen Titel veröffentlicht.

Buchauszug aus „Zur elften Stunde: Swami Rama – Weltbürger und Yogi aus dem Himalaya, Biographie eines spirituellen Meisters“ (von Pandit Rajmani Tigunait, Deutsche Erstausgabe, Agni Verlag 2021). Das Buch ist erhältlich im Agni Verlag Webshop, ab Herbst 2021 auch in  unserem Verlagsshop auf Amazon (inkl. Blick-ins-Buch) und im örtlichen Buchhandel.
Übersetzt von Roderich Wahsner, editiert und herausgegeben von Michael Nickel.

Pandit Rajmani Tigunait
Pandit Rajmani Tigunait

Pandit Tigunait, der spirituelle Leiter des Himalayan Institutes (USA), ist der Nachfolger von Swami Rama aus dem Himalaya. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert lehrt und unterrichtet er weltweit und ist Autor von mehr als 15 Büchern, darunter seine kürzlich erschienenen "The Secret of the Yoga Sutra" ("Das Geheimnis des Yoga Sutra" im Frühjahr 2019 auf deutsch bei Angi Verlag) "The Practice of the Yoga Sutra" und seine Autobiographie "Touched by Fire: The Ongoing Journey of a Spiritual Seeker". Pandit Tigunait hat zwei Doktortitel: einen in Sanskrit von der University of Allahabad in Indien und einen in Oriental Studies von der University of Pennsylvania in USA. Die Familientradition gab Pandit Tigunait Zugang zu einer großen Bandbreite spiritueller Weisheit, die sowohl in den schriftlichen als auch in den mündlichen Traditionen bewahrt wurde. Bevor er seinen Meister traf, studierte Pandit Tigunait Sanskrit, die Sprache der alten Schriften Indiens, sowie die Sprachen der buddhistischen, Jaina und zoroastrischen Traditionen. 1976 ordinierte Swami Rama Pandit Tigunait in die 5.000 Jahre alte Linie der Himalaya-Meister.

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