Verbessere Deine Meditationshaltung! – Tipps für den Einstieg und die Optimierung

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Lesedauer 9 Minuten

Von Rolf Sovik

Im 5. Jahrhundert war die Haltung des Buddha ein Juwel an Ausrichtung, Proportion und Anmut. Doch 1.600 Jahre später wirken Buddha-Darstellungen zwar immer noch edel, dafür aber weniger anmutig. Bei der unten abgebildeten modernen Statue sitzt der Oberkörper nicht mehr gerade. Die Schultern sind gerundet und der Brustkorb ist eingefallen. Mit dem nach vorne geworfenen Kopf und der nach hinten geneigten Wirbelsäule hat das Bild viel von seiner Vitalität verloren. Kann diese Haltung eine fruchtbare Meditationspraxis unterstützen?

Die beiden Buddhas spiegeln völlig unterschiedliche Geisteszustände wider, und wir können daraus eine Lehre ziehen. Die Haltung im Bild der vergoldeten Buddha-Statue aus Sarnath (siehe unten) spiegelt die ruhige Wachsamkeit wider, die für das spirituelle Erwachen so wichtig ist. Aber die Form der zweiten Figur driftet eher in Richtung Schlaf als in Richtung zentriertes Bewusstsein. Der Kontrast erinnert uns daran, dass jeder von uns herausfinden muss, wie eine gute Sitzhaltung aussieht und sich anfühlt, um das Selbstbewusstsein zu wecken und nicht zu dämpfen. Das Aufrichten einer schlaffen Haltung hebt mehr als nur die Wirbelsäule. Es bringt Licht in die Meditation selbst. Schauen wir uns an, wie.

Aufrechtes Sitzen

Sitzende Haltungen sind dazu da, die Arbeit des Geistes zu unterstützen. Das Gehirn und die Wirbelsäule haben eine Beziehung wie eine Glühbirne und ihre Drähte. Aufrechtes Sitzen stärkt diese Beziehung. Wenn die Wirbelsäule aufrecht ist, kann die Energie frei an ihr entlang fließen, und die Beschwerden und Ablenkungen, die durch eine falsche Ausrichtung verursacht werden, werden reduziert.

Wie ein gut aufgestelltes Baugerüst hält eine gute Haltung den Körper aufrecht und stabil. Sie erdet die Basis der Wirbelsäule und bringt den Kopf, den Nacken und den Rumpf in eine gerade Linie. Dann kann sich der Geist nach innen wenden, und das Körperbewusstsein tritt allmählich zurück. Am Ende ist eine gute Sitzhaltung transparent – ein einfacher Sitz, in dem sich die Meditation entfaltet.

In den ersten Phasen der Praxis ist es leicht, sich in den technischen Details des Sitzens zu verfangen. Es kann sein, dass man sich bemüht, „richtig“ zu sitzen, aber dabei wenig Befriedigung erfährt. Oder man reagiert umgekehrt und ignoriert Vorschläge, wie man seine Meditationshaltung verbessern kann, weil sie einem zu viel Disziplin und Struktur auferlegen. Beide Ansätze sind wenig hilfreich.

Letztendlich ist eine gute Sitzhaltung leicht zu erkennen – ein einfacher Sitz, in dem sich die Meditation entfaltet.

Das bekannte Diktum des Weisen Patanjali vereinfacht die Sache, indem es uns nahebringt, dass die Sitzhaltung bequem (sukham) und stabil (sthiram) sein soll. Diese beiden Eigenschaften dienen sich gegenseitig. Wenn Bequemlichkeit erreicht werden kann, ohne die Ausrichtung zu opfern, bist du auf dem richtigen Weg. Und wenn die vollständige Ausrichtung erreicht wird, ohne dass der Komfort darunter leidet, bist du am Ziel.

Wie die Wirbelsäule aufgerichtet wird

Um unsere Haltung auszurichten, müssen wir die Wirbelsäule ausbalancieren und den Kopf, den Brustkorb und das Becken richtig positionieren. Eine Linie, die von der Basis des Beckens zum Scheitel des Kopfes verläuft, bildet eine zentrale Achse im Körper. Im Idealfall verlaufen die natürlichen Krümmungen der Wirbelsäule auf beiden Seiten dieser Linie, so dass sie mit ihr im Einklang steht.

Auch der Kopf, der Brustkorb und das Becken müssen entlang dieser zentralen Achse positioniert werden. In einer guten Sitzhaltung bildet das Becken die Basis – das Fundament für den unteren Rücken. Der Brustkorb und die Brust, die durch die Schwerkraft dazu neigen, nach vorne und unten zu fallen, müssen sanft angehoben werden. Schließlich muss der Kopf über dem Brustkorb balanciert werden.

Klingt das schwierig? Dann lass uns diese Übung ausprobieren. Stell dir im Stehen vor, dass dir jemand ein Buch auf den Scheitel gelegt hat. Bleibe mit deinen Füßen auf dem Boden und hebe das Buch in einer einzigen Bewegung zur Decke. Dabei wirst du feststellen, dass dein gesamter Oberkörper mit einbezogen wird. Streng dich nicht zu sehr an. Nimm einfach die folgenden Bezugspunkte in deinem Körper wahr:

  • Dein unterer Rücken ist aufgerichtet und gestreckt.
  • Dein Brustkorb ist leicht aufgerichtet.
  • Deine Schultern fallen locker herab, weg von den Ohren und zu den Seiten (weder nach hinten noch nach vorne).
  • Dein Kopf ist leicht zurückgezogen (wie bei einer Schildkröte).
  • Dein Kinn ist leicht nach unten gesenkt.
  • Der Nacken ist langgestreckt.
  • Die zentrale Achse deines Körpers wird durch den Scheitelpunkt deines Kopfes verlängert.

Bleibe in dieser Haltung, ohne dich in einen Roboter zu verwandeln. Gehe dann ein wenig umher und spüre die angenehme Aufrichtung und die Leichtigkeit der Bewegung, die sie bewirkt.

Wie man bequem sitzt

Der nächste Schritt ist die Ausrichtung des Oberkörpers beim Sitzen. Für die meisten von uns ist der Lotussitz (die Beinstellung, die der goldene Buddha auf dem Sarnath-Bild oben einnimmt) keine gute Haltung hinsichtlich dieser Herausforderung, und sie wird auch nicht empfohlen. Es gibt andere Sitzhaltungen, die es einfacher machen, die Wirbelsäule bequem auszutarieren, ohne die Beine zu verrenken. Aber egal, für welche Haltung wir uns entscheiden, sie muss alle anhaltenden Beschwerden in den Knien, Hüftgelenken oder der Wirbelsäule beseitigen.

Die langfristige Lösung für Verspannungen oder Schwächen in diesen Bereichen liegt im Üben einer Reihe von Hatha-Yoga-Haltungen, welche die Gesäßmuskeln dehnen und stärken. Die Serie sollte Haltungen wie den gebundenen Winkel (Schmetterling), liegende Beinwippen, Dehnungen und Kräftigungen des Quadrizeps, Vorwärtsbeugen mit gespreizten Beinen, Variationen der Heuschreckenhaltung (für die Stärkung des unteren Rückens), die Stabhaltung, die Stuhlhaltung und verschiedene sitzende Vorwärtsbeugen umfassen.

Diese Yogastellungen sind als Ergänzung zur Meditation gedacht und können Wunder bewirken. Doch die tief verwurzelten Gewohnheiten der Muskeln und Weichteile zu verändern, ist ein Prozess, der Zeit braucht. In der Zwischenzeit kannst du einen Ansatz verfolgen, der es dir ermöglicht, jetzt bequem zu sitzen. Dieser Ansatz besteht darin, deine Hüften und Beine mit genau dem Maß an Unterstützung zu polstern, das dein Körper braucht. Gepolsterte Sitzhaltungen sind zwar nicht auf Museumsbildern verewigt, doch im wirklichen Leben werden sie eingesetzt, um den unteren Rücken zu stützen und die Hüften und Beine zu entlasten.

Obwohl Yoga viele Haltungen anbietet, die sich für die Meditation eignen, ist die Haltung, die für die meisten Schüler am bequemsten ist, der einfache Schneidersitz namens Sukhasana. Wahrscheinlich hast jeder von uns diese Haltung schon als Kind eingenommen, wenn wir auf dem Boden saßen. Diese Haltung minimiert die Spannung in den Hüften und Knien und sammelt auf natürliche Weise die Energie an der Basis der Wirbelsäule. Mit der richtigen Polsterung entlastet sie den unteren Rücken und reduziert die Rundungen in der Lendenwirbelsäule. Außerdem lässt sich die Position des Beckens so anpassen, dass sie sich natürlich und sicher anfühlt.

Polsterung ist der Schlüssel. Man verwendet Kissen und Decken, um die Hüften anzuheben und jedes Bein zu stützen. Nur die Füße ruhen auf dem Boden. Man unterlagert die Hüften nach und nach und hebt sie dadurch so lange an, bis sich eine weitere Abfederung kontraproduktiv anfühlt. Keine Sorge, dass die Hüfte zu hoch angehoben wird. Wenn man die Hüfte großzügig polstert, wird man mühelos sitzen können. Später, wenn Hüfte und Rücken signalisieren, dass sie bereit sind, kann man das Niveau der Polsterung senken.

Am besten schaut man sich die Seitenansicht der Haltung genau an. Die Beine sind vollständig mit Kissen (oder Decken) gestützt, so dass die Hüftgelenke nicht schmerzen und die Knie nicht belastet werden. Die Knie sind tiefer als die Hüftgelenke, so dass die Oberschenkel nach unten geneigt sind. Dadurch werden die Abduktoren entlastet und der Druck auf den unteren Rücken verringert. Das Becken ist leicht nach vorne gekippt, so dass eine neutrale Ausrichtung des Beckens und des unteren Rückens entsteht, die weder abgerundet noch überhöht ist.

Finde dich selbst in deiner Haltung

Der ausgewogene Schneidersitz ist „die gesündeste und bequemste Art zu sitzen“, sagte der erfahrene Yogi Swami Rama. „Ohne die richtige Haltung“, fügte er hinzu, „wirst du bei deiner Meditation auf unzählige Hindernisse stoßen. Und Meditation ist der Kern aller Praktiken.“

Es ist nicht so schwierig, wie du nun vielleicht denkst, komfortabel zu sitzen. Mit Kissen zur Unterstützung können Verspannungen, die den Körper früher geplagt haben, neutralisiert und die Wirbelsäule wieder aufgerichtet werden. Schon bald wird die Energie, die entlang der Wirbelsäule fließt, die Muskeln beleben, die für aufrechtes Sitzen nötig sind, und eine gute Haltung wird sich mühelos einstellen.

Das Ideal einer stabilen und ausgeglichenen Sitzhaltung ist in der yogischen Kunst und Ikonographie seit Jahrtausenden präsent und erinnert uns daran, dass eine gut ausgerichtete Haltung eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Praxis ist. Doch die Kunst führt nur bis zu einem gewissen Punkt, wenn es um den Aufbau einer guten Haltung geht. Den letzten Schliff müssen wir selbst vornehmen, indem wir jeden Tag zu unserem Meditationssitz zurückkehren. Dort entwickeln wir eine Haltung, die zu uns passt, und setzen uns mit dem Herzen eines ruhigen und beständigen Kriegers auf. Schon bald wird die Haltung zu einem Tor, einem sicheren Durchgang zu den ruhigen und erleuchteten Räumen in uns.

„Ohne die richtige Körperhaltung wirst du bei deiner Meditation auf unzählige Hindernisse stoßen. Und Meditation ist der Kern aller Praktiken.“

Um länger in dieser (oder einer anderen) Pose zu sitzen, muss man seine unteren Rückenmuskeln stärken. Eine Schwäche dieser Muskeln lässt die Wirbelsäule rund werden. Das aktive Anheben des unteren Rückens hingegen verhindert die Rundung und ermöglicht es dir, die Lendenwirbelsäule zu verlängern. Bis die Rückenmuskulatur gestärkt ist, sollte der Meditationssitz in der Nähe einer Wand stehen, damit er zusätzlichen Halt bietet. Man lehnt sich mit dem Rücken an die Wand, wenn der Rücken müde wird oder wenn man unsicher ist, wie man sich ausrichtet.

Sobald der untere Rücken stabil ist, kann auch der Brustkorb leicht aufgerichtet werden. Das schafft ein Gefühl von Weite und ermöglicht es uns, die Schultern bequem zur Seite zu senken. Während der Brustkorb angehoben wird, achtet man auf Verspannungen oder Überdehnungen im unteren Rücken, die einem sagen, dass man zu weit gegangen ist.

Schließlich achtet man auf den Nacken und den Kopf. Der Kopf ist zurückgezogen (wie bei einer Schildkröte), so dass er über dem Nacken ruht. Das Kinn wird ein wenig nach unten gekippt. Mit etwas Übung werden sich diese beiden Bewegungen entspannend anfühlen und ein Gefühl der Leichtigkeit in Nacken und Kopf erzeugen. Dann kann der Nacken gestreckt werden, wodurch der Scheitel angehoben wird.

 

Ausführliche Hinweise zu geeigneten Sitzhaltungen für die Meditation finden sich im Praxis-Leitfaden von Swami Rama: Die Praxis der Meditation.

 

Dieser Artikel erschien zuerst im englischen Original im Yoga International Magazin. Deutsche Übersetzung von Michael Nickel und Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Himalayan Institute.

Rolf Sovik
Rolf Sovik

Rolf Sovik, Präsident und Spiritueller Leiter des Himalayan Institute, Doktor der Psychologie, begann 1972 sein Studium von Yoga und Meditation. Er ist Schüler von Swami Rama und Pandit Rajmani Tigunait und hat unter ihrer Anleitung die Lehren der Himalaya-Tradition erforscht. Er hat Abschlüsse in Philosophie, Musik, Östliche Studien und Klinische Psychologie. Derzeit lebt er mit seiner Frau Mary Gail am Himalayan Institute.

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