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Lesedauer 5 Minuten

Diesen Vollmondtext kannst Du dir auch vom Autor Wolfgang Bischoff persönlich vorlesen lassen:

Von Wolfgang Bischoff

 

Liebe Menschen,

am 25. März erstrahlt der Ostervollmond am strahlend blauen Himmel. Lasst uns von 21 bis 22 Uhr still werden und über die Bedeutung des immer wiederkehrenden Osterfestes kontemplieren.

Viele von euch haben mir eine Rückmeldung gegeben, bis Ende März die Fastenzeit mitzumachen. Wir sind also mitten in einer interessanten Feuerübung und gehen auf den Karfreitag zu, an dem die Egozentrizität gekreuzigt wird, sich mit dem Tod verbindet und aufzulösen beginnt und dadurch eine Vereinigung der Gegensätze und Pole, die das Kreuz symbolisiert, oben wie unten, links wie rechts, im 5., dem Kreuzungspunkt, stattfinden kann. Hier bildet sich Bindu, der fünfte Pol als Punkt, durch eine hundertprozentige Konzentration auf diesen einen Punkt. Bindu bedeutet in der Übersetzung aus dem Sanskrit ins Deutsche:

Konzentration der Aufmerksamkeit des Geistes auf den kleinstmöglichen Punkt,
um dadurch
in eine neue Bewusstseinssphäre durchstoßen zu können.

Die Überwindung des Todes kann nun erlebt werden – und die Auferstehung in einen neuen Seinszustand.
 Das Prinzip von Hoffnung, von bedingungsloser Liebe und Mitgefühl beginnt sich zu offenbaren. Das Wesen des Osterfestes beginnt sich zu zeigen. Mit jedem neuen Atemzug erhalten wir eine neue Chance, unser Leben so zu gestalten, das es auf das Licht der Auferstehung und die Überwindung des eigenen kleinen Egos ausgerichtet wird.

Goethe schreibt:

„Von der Gewalt, die alle Menschen bindet, befreit der Mensch sich, der sich überwindet“. 

Rainer Maria Rilke schreibt in dem Gedicht „Der Schauende“, wie der Mensch sich überwinden lernen kann, um den Sieg über den Tod zu erlangen und die Auferstehung zu erleben:

Der Schauende

Ich sehe den Bäumen die Stürme an,
die aus laugewordenen Tagen
an meine ängstlichen Fenster schlagen,
und höre die Fernen Dinge sagen,
die ich nicht ohne Freund ertragen,
nicht ohne Schwester lieben kann.

Da geht der Sturm, ein Umgestalter,
geht durch den Wald und durch die Zeit,
und alles ist wie ohne Alter:
die Landschaft, wie ein Vers im Psalter,
ist Ernst und Wucht und Ewigkeit.

Wie ist das klein, womit wir ringen,
was mit uns ringt, wie ist das groß;
ließen wir, ähnlicher den Dingen,
uns so vom großen Sturm bezwingen, –
wir würden weit und namenlos.

Was wir besiegen, ist das Kleine,
und der Erfolg selbst macht uns klein.
Das Ewige und Ungemeine
will nicht von uns gebogen sein.
Das ist der Engel, der den Ringern
des Alten Testaments erschien:
wenn seiner Widersacher Sehnen
im Kampfe sich metallen dehnen,
fühlt er sie unter seinen Fingern
wie Saiten tiefer Melodien.

Wen dieser Engel überwand,
welcher so oft auf Kampf verzichtet,
der geht gerecht und aufgerichtet
und groß aus jener harten Hand,
die sich, wie formend, an ihn schmiegte.
Die Siege laden ihn nicht ein.
Sein Wachstum ist: der Tiefbesiegte
von immer Größerem zu sein.

Demut und Dankbarkeit entwickeln sich bei der Wahrnehmung des Lichtes, in das Du bei der Auferstehung in ein neues geistiges Sein wiedergeboren wirst. Du beginnst Dich als dieses Licht zu erkennen, das Du eigentlich bist und warst, bevor Du Deinen Namen erhalten hast.

Wenn wir uns die Osterwoche und die Entwicklung hin zur Auferstehung anschauen, dann war sie nur möglich durch die willentliche Konfrontation mit den eigenen Feinden und der uns umgebenden Dunkelheit, den Schattenseiten unserer Persönlichkeit. Judas, die Häscher, der Verrat und die Verurteilung, die Kreuzigung und die Misshandlungen sind alles Symbole dafür. Jesus wehrt sich nicht gegen das Böse, sondern er vereinigt sich mit den Gegenkräften und sagt:

„Jetzt ist eure Stunde gekommen, jetzt hat die Finsternis das Wort.“


Er überwindet das Böse und den Tod dadurch, dass er sich damit vereinigt und somit die Gegensätze in sich in einen harmonischen Zustand bringt. Kampf kann die Spaltung in uns und unter uns nicht überwinden.

In uralten Texten wird das dunkle Zeitalter der Menschheit so beschrieben, als wäre es eine Beschreibung unserer heutigen Zeit:
Armut , Verwirrung, Gewalt gegen die Naturgesetze nehmen zu. Chaos und Naturkatastrophen breiten sich aus. Drogen, Spiele, Konsum, Verbrechen nehmen zu. Das Gesundheitssystem funktioniert nicht mehr.

Kriege finden statt und wirtschaftliche Unsicherheiten nehmen zu. Die Nahrung ist nicht mehr nahrhaft. Korruption überall. Depression nimmt zu. Wut, Gier nach immer mehr ohne Ende, Zorn, Neid und Zweifel bestimmen immer mehr das Handeln der Menschen. Wasser, Luft und Licht werden verkauft. Keine Achtung vor der Spiritualität des Menschen. Die Lauten werden verehrt, die Ernsthaften verlacht. Die Bedeutung vom Feuer als der Vermittler zwischen manifester und unmanifester Wirklichkeit geht verloren. Die Sprache der Menschen beginnt zu verflachen und die Seelen beginnen zu verhungern.

Es ist eine Darstellung der Kreuzigung der Menschheit. 

Das Auferstehungsereignis zeigt jedoch einen Weg heraus aus dieser Dunkelheit und diesem Leiden:
Eine innere Haltung kann sich entwickeln, dass ich das Recht habe, nur das in Anspruch zu nehmen, was genügt, um mich zu ernähren und das Leben zu erhalten. Das Geben und Teilen, das Mitgefühl für Andere breiten sich aus. Wir beginnen die Kinder vor den Umwelteinflüssen zu schützen und schützen einander. Wir erleben uns als Weltbürger und teilen die Sorge für die Welt. Wir beginnen die Natur zu schützen und Mutter Erde zu pflegen, zu achten und zu ehren.

Dankbarkeit, Demut und die Fähigkeit, sich vor Größerem innerlich zu verneigen, beginnen sich zu entwickeln. Das Siegenwollen und der Größenwahn werden von der inneren Kraft – der Tiefbesiegte von immer Größerem zu sein – abgelöst.
 Wir beginnen, Inseln der Schönheit und Stille zu schaffen, an denen die ausgehungerten Seelen zur Ruhe kommen können und Nahrung erhalten. Spirituelle Inseln für die Menschheit erhalten eine immer größer werdende Bedeutung.

All dies sind die Voraussetzungen, um das Licht sehen zu lernen, das wir eigentlich sind, das auszustrahlen beginnt und die Menschheit erfreut. Das ist Ostern – das lässt das Leben mit all seiner Beschwerlichkeit sinnvoll erscheinen.

Ich wünsche euch eine besinnliche, stille Stunde

in liebevoller Verbundenheit

Wolfgang

 

Lesedauer 3 Minuten

Von Wolfgang Bischoff

Ihr Lieben,

am 28. Oktober 2023 erstrahlt der Herbstvollmond am sternenklaren Himmel. Lasst uns gemeinsam von 21 bis 22 Uhr still werden entsprechend der Aufforderung: „Oh Mensch halt inne und besinne Dich!“ In diesen gewalttätigen Zeiten lohnt es sich, die Texte der Weisen zu kontemplieren.

Vor über 200 Jahren schrieb Johann Wolfgang von Goethe

in seinem Gedichtfragment „Die Geheimnisse“ :

Doch, wenn ein Mensch* von allen Lebensproben
Die sauerste besteht, sich selbst bezwingt:
Dann kann man ihn mit Freuden Andern zeigen,
Und sagen: das ist er, das ist sein eigen!

Denn alle Kraft dringt vorwärts in die Weite,
Zu leben und zu wirken hier und dort;
Dagegen engt und hemmt von jeder Seite
Der Strom der Welt, und reißt uns mit sich fort:
In diesem innern Sturm und äußern Streite
Vernimmt der Geist ein schwer verstanden Wort:
Von der Gewalt, die alle Wesen bindet,
Befreit der Mensch sich, der sich überwindet.

*im Original steht hier „Mann“, aber im Kontext wird allgemein von Mensch gesprochen.

Vor 2500 Jahren schrieb Lao-tzu

 

Wer im Einklang mit sich und der Geistigen Welt ruht,
versucht nicht, die Welt mit Waffengewalt zu erobern.
Wo immer Armeen regieren, wachsen dornige Büsche.
Nach einem fürchterlichen Krieg folgen schlimme Jahre.
Selbst ein Sieg ist wie eine Beerdigung.
Je mehr Tabus und Hemmungen es in der Welt gibt, desto ärmer werden die Menschen.

Je schärfer die Gefäße sind, die die Menschen besitzen, desto mehr Verwirrung herrscht in der Gesellschaft. Je schlauer und verschlagener die Menschen sind, desto öfter geschehen seltsame Dinge, und je ausgeprägter die Gesetze und Verordnungen sind, desto mehr Räuber und Diebe gibt es.

Deshalb sagt der Weise:

Ich mache kein Aufhebens, und die Menschen transformieren sich selbst.
Ich liebe die Stille, und die Menschen lassen sich in ihren gewohnten Bahnen nieder.
Ich engagiere mich in nichts, und die Menschen werden reich.
Ich habe keine Wünsche, und die Menschen kehren zur Einfachheit zurück.
Ein guter Soldat ist nie aggressiv;
Ein guter Kämpfer ist nie wütend.
Die beste Art, einen Feind zu besiegen, ist es ihn für sich zu gewinnen, indem man ihn nicht verärgert.
Die beste Art, einen Mann zu beschäftigen, ist, unter ihm zu dienen.
Das nennt man die Tugend des Nicht-Strebens.
Dies wird die Nutzung der Fähigkeiten der Menschen genannt.
Das nennt man, mit dem Himmel verheiratet zu sein wie in alten Zeiten.

 

Ich wünsche euch eine erkenntnisreiche, stille Stunde

In liebevoller Verbundenheit

Wolfgang