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Lesedauer 3 Minuten

Von Wolfgang Bischoff

Ihr Lieben,

Das Jahr 2023 geht mit einer Vollmondnacht am 26. Dezember seinem Ende entgegen. Ich lade euch alle ein, mit mir von 21-22 Uhr still zu werden und einen Jahresrückblick zu unternehmen. Schau dir zunächst die Ereignisse dieses Tages rückwärts an, von dem Moment an, in dem du dich niedergelassen hast, bis zum morgendlichen Aufstehen. Erlaube deinem Geist, alle Tagesereignisse rückwärts hervorzubringen, die für ihn von Bedeutung waren. Schau sie dir an, ohne sie zu bewerten.

Und dann erlaube deinem Geist, rückwärts die Jahresereignisse hervorzubringen, die dein Leben besonders geprägt haben, ohne jede Anstrengung. Schau dir mit Interesse an, welche Ereignisse er hervorbringt und lass diese Gedankenbewegungen gehen, wie sie gekommen sind.

Danach beginne folgenden Gedanken zu kontemplieren: „Der Mensch wird immer mehr Mensch, indem er ein Ausdruck der Welt wird; er findet sich, indem er sich nicht sucht, sondern sich in Liebe wollend mit der Welt verbindet.“

Dieses Innehalten und Stillwerden und sich dann aus dem Erahnen, was die Zukunft auf uns zubringen wird, mit der Welt in Liebe zu verbinden im tätigen Gestalten, das sind praktische Möglichkeiten, sich mit den verwirrenden Weltereignissen zu konfrontieren und anderen dabei zu helfen, damit fertig werden zu können.

Um das tun zu können, dafür wünsche ich euch Zeit und sende euch den Gruß von einer der größten Seelen, die Deutschland und die Welt je gekannt hat – Dietrich Bonhoeffer. Er schrieb aus dem Gefängnis, in dem er am letzten Tag vor der Beendigung des 2. Weltkrieges von dem Hitlerregime zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde, folgende Zeilen:

VON GUTEN MÄCHTEN
Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last,
ach, Herr, gib unsern aufgescheuchten Seelen
das Heil, für das Du uns bereitet hast.

Und reichst Du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus Deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst Du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört Dir unser Leben ganz.

Laß warm und still die Kerzen heute flammen,
die Du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, Dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so laß uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all Deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiß an jedem neuen Tag.

Dezember 1944

Dietrich Bonhoeffer (1906-1945)

In diesem Sinne wünsche ich euch allen eine gesegnete Weihnachtszeit und ein gesundes Neues Jahr.

in liebevoller Verbundenheit

Wolfgang

Lesedauer 3 Minuten

Von Wolfgang Bischoff

Ihr Lieben,

am 28. Oktober 2023 erstrahlt der Herbstvollmond am sternenklaren Himmel. Lasst uns gemeinsam von 21 bis 22 Uhr still werden entsprechend der Aufforderung: „Oh Mensch halt inne und besinne Dich!“ In diesen gewalttätigen Zeiten lohnt es sich, die Texte der Weisen zu kontemplieren.

Vor über 200 Jahren schrieb Johann Wolfgang von Goethe

in seinem Gedichtfragment „Die Geheimnisse“ :

Doch, wenn ein Mensch* von allen Lebensproben
Die sauerste besteht, sich selbst bezwingt:
Dann kann man ihn mit Freuden Andern zeigen,
Und sagen: das ist er, das ist sein eigen!

Denn alle Kraft dringt vorwärts in die Weite,
Zu leben und zu wirken hier und dort;
Dagegen engt und hemmt von jeder Seite
Der Strom der Welt, und reißt uns mit sich fort:
In diesem innern Sturm und äußern Streite
Vernimmt der Geist ein schwer verstanden Wort:
Von der Gewalt, die alle Wesen bindet,
Befreit der Mensch sich, der sich überwindet.

*im Original steht hier „Mann“, aber im Kontext wird allgemein von Mensch gesprochen.

Vor 2500 Jahren schrieb Lao-tzu

 

Wer im Einklang mit sich und der Geistigen Welt ruht,
versucht nicht, die Welt mit Waffengewalt zu erobern.
Wo immer Armeen regieren, wachsen dornige Büsche.
Nach einem fürchterlichen Krieg folgen schlimme Jahre.
Selbst ein Sieg ist wie eine Beerdigung.
Je mehr Tabus und Hemmungen es in der Welt gibt, desto ärmer werden die Menschen.

Je schärfer die Gefäße sind, die die Menschen besitzen, desto mehr Verwirrung herrscht in der Gesellschaft. Je schlauer und verschlagener die Menschen sind, desto öfter geschehen seltsame Dinge, und je ausgeprägter die Gesetze und Verordnungen sind, desto mehr Räuber und Diebe gibt es.

Deshalb sagt der Weise:

Ich mache kein Aufhebens, und die Menschen transformieren sich selbst.
Ich liebe die Stille, und die Menschen lassen sich in ihren gewohnten Bahnen nieder.
Ich engagiere mich in nichts, und die Menschen werden reich.
Ich habe keine Wünsche, und die Menschen kehren zur Einfachheit zurück.
Ein guter Soldat ist nie aggressiv;
Ein guter Kämpfer ist nie wütend.
Die beste Art, einen Feind zu besiegen, ist es ihn für sich zu gewinnen, indem man ihn nicht verärgert.
Die beste Art, einen Mann zu beschäftigen, ist, unter ihm zu dienen.
Das nennt man die Tugend des Nicht-Strebens.
Dies wird die Nutzung der Fähigkeiten der Menschen genannt.
Das nennt man, mit dem Himmel verheiratet zu sein wie in alten Zeiten.

 

Ich wünsche euch eine erkenntnisreiche, stille Stunde

In liebevoller Verbundenheit

Wolfgang