Schlagwortarchiv für: Atemtechnik

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Von Rolf Sovik

Der Schmerz negativer Emotionen – unsere Sorgen, Ängste, Eifersucht und Wut – ist genauso real wie körperlicher Schmerz. Obwohl wir mit unseren emotionalen Schmerzen genauso natürlich umgehen wie mit einem verstauchten Knöchel oder einem entzündeten Zahn, sind emotionale Schmerzen oft schwer zu lindern. In Zeiten der Angst kann es zum Beispiel schwierig sein, zu erkennen, wovor wir Angst haben. Wut hat oft mehr damit zu tun, dass wir unser Revier verteidigen, als dass wir wissen, worauf wir wütend sind. Und Traurigkeit über eine verlorene Beziehung kann leicht mit Bitterkeit oder Sehnsucht nach einem neuen Partner verwechselt werden. Wenn wir emotionalen Schmerz angehen wollen, müssen wir lernen, uns selbst klar zu sehen.

Emotionalen Schmerz zu lindern ist schwieriger, wenn wir defensiv reagieren. Die beiden gängigen Methoden, um mit dieser Art von Schmerz umzugehen – ihn zu unterdrücken oder ihn auf die Welt um uns herum zu projizieren – bieten nur vorübergehende Erleichterung. Unterdrückung ist das Bemühen, unangenehme Gedanken und Gefühle aus dem Bewusstsein zu verdrängen (nicht an sie zu denken), doch sie tauchen einfach wieder auf, wenn wir uns nicht vor ihnen schützen. Projektion bedeutet, dass wir die Ursache für unsere Gefühle jemandem oder etwas außerhalb von uns selbst zuschreiben – zum Beispiel das Wegschleudern eines Golfschlägers nach einem schlechten Schlag. Indem wir unsere Wut auf den Schläger projizieren, trennen wir uns für einen Moment von der Frustration, einen schlechten Schlag gemacht zu haben, doch damit ist nichts gelöst.

Emotionalen Schmerz zu lindern ist schwieriger, wenn wir defensiv reagieren.

So schmerzhaft negative Emotionen auch sind, bieten sie doch die Möglichkeit, unter die Oberfläche unseres Geistes zu blicken und Bereiche unseres Lebens zu untersuchen, die wir normalerweise vermeiden. Dabei lernen wir, uns selbst klar zu sehen und unsere negativen Gefühle an der Quelle aufzulösen. Doch wenn wir uns von Abwehrreaktionen leiten lassen oder von unseren unangenehmen Gefühlen überwältigt werden, verlieren wir die Perspektive. Yoga bietet eine praktische Alternative: die Möglichkeit, den mit negativen Emotionen verbundenen Schmerz zu bewältigen, indem wir uns bewusster machen, wie wir atmen. Die Atembewusstheit kann uns helfen, unsere Abwehrhaltung zu reduzieren und die Quellen des emotionalen Schmerzes anzugehen. Schauen wir uns an, wie das funktioniert. Weiterlesen

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Von Pandit Rajmani Tigunait

Auszug aus seinem Buch „Vishoka-Meditation – In innerer Freude ruhen

Eine Geschichte, die seit Tausenden von Jahren in Indien immer und immer wieder erzählt wird, gibt uns einen Einblick in die Tragweite von Vishoka-Meditation und in ihre transformierende Kraft. Dies ist die Geschichte von Dhruva, einem jungen Mann, der in einer extrem zerrütteten Familie geboren und aufgewachsen ist. Dennoch wurde Dhruva zu einem legendären Herrscher, dessen Name mit innerer Stabilität, unbezwingbarem Willen, Mut, Klarheit, Begeisterung und dauerhaftem Glück verbunden ist.

Dhruvas Vater war ein König mit zwei Ehefrauen. Dhruva war der Sohn der ersten Frau, die aus einem Königreich mit mäßiger Macht, Reichtum und Einfluss kam. Sie war bescheiden, freundlich und etwas naiv. Doch die zweite Frau, Dhruvas Stiefmutter, war schön, stolz und ehrgeizig. Sie kam aus einer mächtigen königlichen Familie und übte enormen Einfluss auf ihren Mann und seine Höflinge aus.

Nachdem sie ihren Mann unterworfen hatte, wuchs die Macht der zweiten Königin und sie sonnte sich im Glanz, der eine Herr­scherin begleitet. Aber Dhruvas Existenz beschäftigte sie. Er war der erste Sohn der ersten Frau des Königs und war nach dem Gesetz des Landes der rechtmäßige Erbe des Königs. Der Hunger der zweiten Königin nach Macht, Ansehen und Aufmerksamkeit wuchs, bis sie die Anwesenheit von Dhruva und seiner Mutter unerträglich fand. Indem sie skandalöse Gerüchte schuf und diese geschickt verbreitete, hetzte sie den König, seine Höflinge und alle anderen gegen Mutter und Sohn auf und es gelang ihr bald, sie aus dem Palast zu vertreiben. Weiterlesen

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Von Michael Nickel

Im letzten Gedankenfutter habe ich etwas vom „wunscherfüllenden Baum“ angedeutet. In der vedischen Mythologie und in der Yoga-Psychologie und Yoga-Philosophie wird dieser mythische Baum, der unsere Wünsche erfüllt, Kalpavriksha genannt. Vriksha ist das Sanskrit-Wort für Baum. Die Haltung des Baumes wird dementsprechend im Yoga als Vrikshasana bezeichnet. Das so nebenbei. Kalpa ist ein „mentales Konzept“. Man könnte auch sagen eine Idee oder ein Gedanke. Vielleicht kennst Du das Wort Sankalpa. Darin steckt genau dieses „mentale Konzept“. San ist ein Präfix, das „zusammen“ oder „auf gute Weise“ bedeutet. Ein Sankalpa ist also ein „konstruktives mentales Konzept“ – einfach gesagt: ein guter Vorsatz, dem unser Geist folgen soll.

Es gibt aber auch das Wort Vikalpa in der Yoga-Psychologie. Kurz gesagt ist es das genaue Gegenteil von Sankalpa. Vi ist ein Präfix, das „auseinander“, „hin- und her“ oder „zerteilen“ bedeutet. Dementsprechend ist Vikalpa ein „nicht-konstruktives mentales Konzept“. Auch die moderne Psychologie kennt dies: es wird dort „nichtkonstruktiver Glaubenssatz“ genannt. Und davon trägt jeder von uns eine Menge in sich …

Unsere Gedankenkonstrukte sind die Blüten auf unserem Baum des Lebens

Was hat das alles nun mit Kalpavriksha, dem wunscherfüllenden Baum zu tun? – Bildlich gesprochen geht es um den Baum der all unsere Kalpas – also unsere mentalen Konzepte oder schlicht Gedanken – als Blüten trägt. Wenn man so will ist es der Baum des Lebens in uns, der sich in vielfältiger Weise ausdrückt. Jede seiner Blüten hat wie im letzten Beitrag ausgedruckt seinen Raum (also seine „Eigenschaften“, wenn man so will), seine Zeit der Ausprägung und seine Ursache und Wirkumg also Karma). Das gilt sowohl für die offensichtlichen konstruktiven Sankalpa-Blüten als auch die nicht-konstruktiven Vikalpa-Blüten  und all die schwer einzuordnenden Blüten oder mentale Konstrukte, die irgendwo auf der Skala zwischen konstruktiv und nicht-konstruktiv stehen.

Ich vermeide hier bewusst die Worte „gut“ und „schlecht“. Zwar ist auch „konstruktiv“ und „nicht-konstruktiv“ wertend, doch eben nicht so stark. Um aktiv durch das Leben zu navigieren, bleibt uns letztenendes jedoch nichts anderes übrig, als unser eigenes Denken und Handeln auf der Skala zwischen konstruktiv und nicht-konstruktiv einzuordnen, um unsere Entscheidungen basierend auf dem aktuellen Stand unseres Bewusstseins zu treffen.

Warum heißt nun dieser Baum „wunscherfüllend“, wenn er doch konstruktive wie auch nicht-konstruktive Blüten treibt. Hier kommt eine Eigenschaft unseres Geistes zum tragen, die etwas schockierend klingt: Unser Geist „schenkt“ uns, worum auch immer wir ihn bitten! – „Moment mal!“, kannst Du hier sagen, „Ich bitte meinen Geist doch nicht um Vikalpas!“ – Die Antwort darauf lautet: „Das ist korrekt und zugleich auch nicht.“ – Es gilt also wieder mal ganz tantrisch: „Es kommt drauf an!“ – Auf was kommt es an? – Auf die Perspektive.

Die Krux der konstruktiven und nicht-konstruktiven Gedankenkonzepte in uns

Leider ist die Geschichte nicht ganz so einfach, wie es zunächst klingt. Oft wird es ja so dargestellt, dass wir uns nur genügend gute Vorsätze nehmen müssen und alles wird gut. Aber das stimmt eben nicht. Denn historisch gesehen hat jeder Mensch auch Vikalpas entwickeln, welche sehr tief sitzen. Jedes noch so konstruktive Gedankenkonzept findet so in uns eine „mentalen Gegenspieler“. Jegliche bewusst gewählten Sankalpas und unbewusst entwickelte Vikalpas arbeiten wie ein komplexes mechanisches Uhrwerk aus Zahnrädern miteinander und sie greifen ineinander. Dabei gilt: Je mehr Vikalpas aus unserer Vergangenheit vorhanden sind, desto öfter formen wir unbewusst noch mehr Vikalpas. Krass ausgedrückt: in dieser Situation geben wir unserem Geist die Freiheit, sich weitere nicht-konstruktive Gedanken zu wünschen und sich diesen Wunsch selber zu erfüllen … Wichtig dabei ist: Es gibt hierbei keine „Schuld“ für unsere Vikalpas. Dennoch können wir Verantwortung übernehmen und den Fokus darauf setzen Sankalpas zu pflegen.

Allerdings wird aus dem Baum des Lebens nicht von heute auf morgen jener wunscherfüllende Baum, der nur noch konstruktive Blüten trägt. Doch er hat das Potential dazu! Und hier fließt wieder die Analogie zum Gärtnern ein. Es existieren yogische Möglichkeiten, diesen Baum des Lebens im Garten unseres Geistes so zu hegen und zu pflegen, dass er immer mehr „herrliche Blüten“ – also konstruktive Kalpas, eben Sankalpas – trägt. Diese yogischen Techniken sind die Kontemplation (Vichara) und die Meditation im weitesten Sinne: von Atemachtsamkeit und Atemlenkung (Pranayama) über Sinnesrückzug (Pratyahara) und Konzentration (Dharana) zur eigentlichen völligen Absorption (Dhyana und Samadhi). Und auch Yoga Nidra fällt in diese Kategorie der Pflegemaßnahmen des Baumes des Lebens.

Zeit in „yogische Baumpflege-Maßnahmen“ investieren

So wie Obstbäume geschnitten werden, damit sie den angestrebten Fruchtertrag bringen – nicht zu viel, nicht zu wenig, nicht zu groß, nicht zu klein – so beschneiden die oben genannten yogischen „Pflegemaßnahmen“ oder Techniken kunstvoll den Baum des Lebens im Garten unseres Geistes, so dass immer mehr herrliche Sankalpas als Blütenpracht und Konsequenz daraus auftauchen – und immer weniger Vikalpas. Oder um es in der Analogie des Uhrwerks auszudrücken: wir wechseln die „Vikalpa-Zahnräder“ aus und ersetzen sie durch „Sankalpa-Zahnräder“. Dann läuft die Uhr nach und nach „konstruktiver“, um nicht zu sagen „besser“.

Lange Rede, kurzer Sinn: es lohnt sich, den Garten unseres Geistes zu hegen, zu pflegen und zu wässern. Darum nutze immer wieder das reichhaltige Angebot weit und breit, in den „Gärtnerclub“ eine der vielen Yoga– Stunden zu gehen, die überall auf der Welt für Dich da sind – für „Grundpflegemaßnahmen“ für den Garten Deines Geistes – und der Weg dahin führt über den Körper und die Energie in uns. Wenn das mal kein Grund ist, auf die Matte und das Meditationskissen zu gehen …

In diesem Sinne: weiter geht es im Club der mentalen Gärtner, lass Deinen Geist ergrünen und finde den wunscherfüllenden Baum in Dir.

Herzlichst,
Euer Michael