Innere Stille finden für intuitive Antworten auf die Fragen unserer Unsicherheiten und Ängste
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Von Michael Nickel
Hier stehen wir nun, nach über zwei Monaten Krieg in Europa. Viele unter uns spüren aufgrund der sich abzeichnenden mittel- und langfristigen Auswirkungen auf die politische und wirtschaftliche Situation in der Welt eine fundamentale Verunsicherung. Diese Verunsicherung mag einerseits von der Machtlosigkeit getrieben sein, mit der wir vor den Entwicklungen in der Welt in unserer „Kleinheit“ stehen. Des weiteren mag das Mitleid oder Mitgefühl für all jene, die ganz unmittelbar an den Folgen des Krieges leiden, eine große Rolle in diesem Gefühl von Unsicherheit spielen. Andererseits lassen sich wohl die meisten von uns auch durch die persönlichen Ängste verunsichern, die Befürchtung, dass wir in Mitteleuropa doch noch direkt in das direkte Kriegsgeschehen hineingezogen werden oder dieser Krieg gar in einen dritten Weltkrieg ausartet.
Aus den eigenen Ängsten und Verunsicherungen lernen
Tritt man aus diesem unmittelbaren Gefühl der Verunsicherung einen Schritt zurück, um das, was in uns vorgeht etwas distanzierter zu betrachten, so formt sich vielleicht zunächst die Frage: „Was kann ich aus meiner Verunsicherung und meinen Ängsten lernen? – Was wollen mir diese Gefühle mitteilen?“
Auf diese beiden Fragen gibt es keine universelle Antwort – ich kann sie also nicht allgemeingültig beantworten. Gerade darum aber lohnt es sich, dass Du Dir diese Fragen in der momentanen Lage selbst stellst! Deine Antwort auf diese Fragen kommen vermutlich nicht unmittelbar, darum lohnt es sich weiter, diesen Fragen im übertragenen Sinne Raum zu geben. Mentalen Raum, der zunächst einmal relativ leer und rein sein muss, damit sich die ersehnten Antworten darin Kraft ihrer selbst abzeichnen und entfalten können.
Solch ein mentaler Raum der Stille ist heutzutage nicht selbstverständlich – auch wenn dieser Raum, der eigentlich eher ein Zustand ist, gemäß der Weisheit des Yoga Sutras unseren ureigensten menschlichen Grundzustand darstellt – und damit unser Geburtsrecht ist. Diesen Zustand oder inneren Raum zu erreichen ist das Ziel und der Zustand von Yoga. Doch es geht hier gar nicht um das absolute Ziel: Den Raum oder Zustand absoluter innerer Stille – den wir in tiefer Meditation erreichen können – benötigen wir für unsere Fragen und das Kommenlassen der Antwort gar nicht! Es reicht schon ein relativ stiller mentaler Raum oder Zustand!
Stille finden für intuitive Antworten
Doch gerade in herausfordernden Zeiten tun wir Menschen uns in der Regel schwer damit, auch nur etwas innere Stille zu finden. Mir wurden in den letzten Monaten immer wieder zwei Dinge auf dem Silbertablett meiner eignen Reflexion und Kontemplation geliefert: Erstens: meine tägliche Praxis der Meditation in ruhigen, „einfachen“ Zeiten ist ist die Grundlage, auch unter Herausforderungen etwas von dem Benefit des inneren Raums der Stille zu erhalten. Zweitens: Auch wenn es unter herausfordernden Bedingungen erscheinen mag, als ob die inneren Stimmen den inneren Raum weniger still sein lassen, ist es wohltuend, sich nicht davon abbringen zu lassen, die wertvollen Momente der inneren Stille zu suchen und zu finden! – Es heißt also dran bleiben! Egal, was kommt! Der kürzeste Moment der inneren Stille ist eine Wohltat!
Atem und Lebendigkeitsgefühl als Anker nutzen
Und weil das so ist, lohnt es sich, zu erkunden, wie wir auch in stürmischen Zeiten diese Momente erhaschen können. Für mich ist das zum einen meine tägliche Atempraxis und Meditation. Je nachdem, wie stürmisch die Zeiten sind, ist es dann zu Beginn eher der Fokus auf den physischen Fluss des Atems, der mich dem Raum der Stille näher bringt, während in ruhigeren Zeiten die Wahrnehmung ziemlich schnell bei einem Gefühl der inneren Fokussierung des Flusses von Lebendigkeit landet – etwas, das die Yoga-Traditionen „pranische Sensitivität“ nennen. Als Yogalehrer habe ich jedoch festgestellt, dass für viele Menschen der Begriff und das Konzept von „Prana“ entweder skeptische Ablehnung hervorruft oder überzogene, fantastische Vorstellungen und Erwartungen. Beide Seiten stellen jedoch mentale Konzepte dar, die uns dabei behindern, das zu erfahren, was in uns steckt, was in uns wirkt.
Darum spreche ich lieber davon, das zu erspüren, was an feinem Lebendigkeitsgefühl in uns steckt. Mit dieser inneren Erfahrung können wir uns identifizieren. Wir alle kennen dieses Gefühl, uns lebendig zu fühlen oder auch das Gegenteil davon: partiell leblos zu sein, sei es auf physischer Ebene, mental oder emotional. Und hier kommen wir wieder auf unsere Fragen von oben zurück: „Was kann ich aus meiner Verunsicherung und meinen Ängsten lernen? – Was wollen mir diese Gefühle mitteilen?“. Denn die Antworten ergeben sich im Raum der inneren relativen Stille intuitiv als Reaktion auf das, was wir als unsere eigene subtile Lebendigkeit oder unser eigenes subtiles Leblos-Sein wahrnehmen.
Den Sorgenkreis hinter uns lassen – auf Kontroll- und Einflusskreise fokussieren lernen
Die Antworten auf diese Fragen sind zwar für alle Menschen individuell verschieden, doch werden Sie immer mit einem zu tun haben: unserer Tendenz, unsere mentale Welt unbewusst viel weiter auszudehnen, als es uns selbst gut tut. Wir lassen dabei den mentalen Aspekt unserer Energie von Lebendigkeit dorthin schweifen, wo wir keinen Einfluss haben. Die moderne Psychologie spricht hier vom Sorgenkreis. Dieser mentale Raum oder Kreis ist quasi unendlich groß und ganz sicher das Gegenteil des zuvor angesprochenen inneren Raums der Stille. Stille finden wir nur dort, wo wir uns in uns selbst sicher fühlen. Das ist nur ein kleiner Teil dessen, was unseren Sorgenkreis umfasst, nämlich der Kern unseres Kontrollkreises, aus dem heraus wir bestimmend in uns selbst und um uns herum wirken können. Die Übergangszone zwischen Kontroll- und Sorgenkreis ist der Einflusskreis – der Bereich des Lebens, den wir nicht unmittelbar kontrollieren können, wo wir aber Wirkung hinterlassen. Dieses Gedankenfutter zum Beispiel entspringt meinem Kontrollkreis. Ich bestimme, was hier steht. Doch wie es bei Dir ankommt und wirkt, habe ich nicht im Griff. Ich hoffe jedoch und ich weiß aus Rückmeldungen, dass meine Gedankenfutter immer wieder zum reflektieren anregen und das dadurch etwas passiert- oft etwas positives. Dementsprechend wirkt meine Intention, etwas positives in der Welt zu bewirken über meinen Kontrollkreis hinaus. Die Wirkung entfaltet sich im Einflusskreis.
Die Antworten auf unsere beiden Fragen – „Was kann ich aus meiner Verunsicherung und meinen Ängsten lernen? Was wollen mir diese Gefühle mitteilen?“ – werden uns immer auch dahin bringen, diese drei Sphären mit zu betrachten und uns innerlich zu positionieren, auf welchen „Kreis“ wir unser Dasein ausrichten möchten.
Wie kommt man nun aber praktisch da hin, die Stille zu finden, in der sich die Antworten und die Klarheit über die eigene Positionierung im Leben hinsichtlich dieser drei Kreise ergibt? – Wenn Du bereits auf dem Pfad der Meditation bist, dann geh Deinen Pfad weiter und vertraue auch in stürmischen Zeiten darauf, dass Dich Deine gewählte Technik der Meditation so weit in die Stille bringt, dass Du Dir dort diese Fragen stellen kannst und in Dich „hineinhorchen“ kannst, um die Antworten zu vernehmen.
Meditation und Tiefenentspannung öffnen Dir den Weg in die innere Stille
Auch wenn Du bisher keine bestehende Praxis von Meditation hast, ist Dir der Zugang zum inneren Raum der Stille nicht verwehrt. Der Weg dahin führt dann aber in den meisten Fällen nicht unbedingt über eine klassische Sitzmeditation. Aus der Perspektive meiner jahrelangen Erfahrung mit meiner eigenen Übungspraxis, sowie der umfassenden Erkundung und Vermittlung von Tiefenentspannungstechniken, bietet sich insbesondere Yoga Nidra an, um in den inneren Raum der Stille einzutauchen, um die Klarheit für intuitive Antworten auf kleine und große Lebensfragen zu bekommen. Aus diesem Grund empfehle ich in stürmischen Zeiten, regelmäßig Yoga Nidra zu praktizieren – und aus denselben Gründen biete ich seit vielen Jahren ungefähr einmal pro Monat Yoga Nidra Stunden an, die für alle offen sind und die auch ohne jede Vorerfahrung in das ganzheitliche Loslassen und in die innere Stille führen.
Ganz gleich, ob Du in einer geführten Tiefenentspannung oder Meditation teilnimmst oder ob Du Dein eigenes Übungsprogramm nutzt: Der Wert, in die innere Stille zu gehen und Raum zu schaffen für Antworten auf gestellte und ungestellte Fragen ist unschätzbar hoch. Das wertvollste, was wir in unserem Leben haben ist unsere Lebenszeit. Sollen wir uns diese stehlen lassen, indem wir permanent durch die äußeren Stürme auf die unruhige See unseres Sorgenkreises hinaus gezogen werden und dort hilflos herumpaddeln? – Die Antwort darauf kennst Du. Und der Weg zu den weiteren Antworten auf Deine Lebensfragen kennst Du.
Also geh los! Ganz im Sinne des chinesischen Sprichworts: „Eine Reise von Tausend Meilen beginnt mit einem einzelnen Schritt.“ Also geh los und genieße diesen nächsten Schritt mit einem Lächeln! Ganz gleich, ob es der erste Schritt ist oder der neunhundertneunundneunzigste …
Herzlichst, Euer
Michael