Schlagwortarchiv für: Edition Sommer 2022

Lesedauer 12 Minuten

Von Swami Rama

Wer meditiert, will sein Innenleben erforschen, jene unbekannten inneren Ebenen seines Wesens. Denn das Ziel der Meditation ist es, sich des inneren Bewusstseinszentrums bewusst zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Meditierende eine systematische und methodische Technik anwenden, um immer tiefere Ebenen der inneren Erfahrung zu erreichen.

Bei einem solchen Ansatz müssen die Meditierenden zunächst die Funktionsweise ihres physischen Körpers beruhigen und ausgleichen. Als Nächstes müssen sie den Atem zur Ruhe bringen. Und dann beginnen sie damit, den Geist still werden zu lassen. Schließlich versuchen sie, über alle Ebenen des bewussten und sogar des unbewussten Geistes hinauszugehen und sich in ihrer wesentlichen Natur zu verankern.

Diese innere Erkundung ist nicht mit der Art zu vergleichen, wie wir die äußere Welt betrachten, wenn wir die Dinge um uns herum untersuchen. Wir alle haben von unseren Eltern und in der Schule gelernt, die Objekte dieser Welt zu erforschen und zu studieren, doch diese erlernten Techniken helfen uns nicht dabei, die innere Welt zu erkunden. Dafür müssen wir die präzise und genaue Wissenschaft der Meditation anwenden, sonst verschwenden wir nur unsere Zeit und erreichen nie unser Ziel. Weiterlesen

Lesedauer 10 Minuten

Von Rolf Sovik

Als ich ein Kind war, versammelte sich unsere Familie jedes Jahr zur Weihnachtszeit im Haus einer Großtante. Tante Anna, eine Frau mit einem warmen Herzen, liebte es, an den Weihnachtsfeiertagen die Freuden ihrer Küche mit uns zu teilen, doch für uns Kinder war der Höhepunkt des Abends die Angelpartie im Haus. Nachdem der Nachtisch serviert und genug Kaffee verteilt worden war, um den norwegischen Heißhunger zu stillen, stocherte jedes Kind abwechselnd mit einer Angelrute aus Bambus in einer Decke, die in einem Türrahmen hing. An der Angelrute war eine Schnur befestigt und am Ende der Schnur eine Sicherheitsnadel. Ein Kind nach dem anderen hielt die Angelrute, während die Nadel an einem speziell ausgewählten Geschenk befestigt wurde – ein Preis, der erst nach einigem spielerischen Heben und Ziehen an der Schnur zum Vorschein kam.

Das Bemühen um Frieden ist eine Notwendigkeit im Leben.

Wenn es an der Zeit war, sich zum Angeln zu versammeln, liefen die Emotionen oft aus dem Ruder. Alle Kinder rannten, um einen Platz in der Nähe der Tür zu ergattern. Die Kleinen weinten, weil sie aus dem Weg gestoßen wurden, und die älteren Jungen versuchten spielerisch, einen Blick hinter den Vorhang zu werfen – und verkündeten der aufgeregten Gruppe lautstark ihre Entdeckungen. In diesem Moment schritten die Erwachsenen ein, um Frieden zu stiften und verletzte Gefühle zu besänftigen: Ein Onkel mit einer klangvollen Stimme rief den Raum wieder zur Ordnung; kleine Kinder bekamen einen Platz in der ersten Reihe, und die größeren Kinder wurden nach hinten gestellt. Wir wurden alle daran erinnert, uns ruhig zu verhalten, um die Fische nicht zu erschrecken – ein Ratschlag, der die Aufregung immer wieder beruhigte. Nach einer auffallend lauten Ansage des Namens des ersten Anglers (wegen des schlechten Gehörs hatte der Teich gelegentlich das falsche Geschenk hervorgebracht, was zu einigen heiklen Verhandlungen führte), begann das Angeln.

Shanti Patha

Das Bemühen um Frieden ist eine Notwendigkeit im Leben – nicht nur, um eine lärmende Versammlung zu beruhigen, sondern auch, um uns selbst zu beruhigen, auf einer subtileren Ebene. Ein von Herzen kommender Ruf nach Frieden ist ein mächtiges Mittel, um Ordnung und Sinn wiederherzustellen. Er beruhigt die Aufregung, stärkt unsere innere Entschlossenheit und fördert das Gefühl der Leichtigkeit, das es uns ermöglicht, unsere Handlungen gekonnt auszuführen. Um sinnvoll zu sein, benötigt der Ruf nach Frieden jedoch ein gewisses Maß an innerer Stärke und Autorität. Wenn wir nicht erkennen, wie es sich anfühlt, wenn uns der Frieden entgleitet – und dann wieder angemahnt wird – wird die Bitte um Frieden zu einem leeren Ritual. Weiterlesen

Lesedauer 4 Minuten

Von Swami Rama

Auszug aus seinem Buch „Mein Leben mit den Meistern des Himalayas

Ein Mantra ist eine Silbe, ein Laut, ein Wort oder eine Wortfolge, zu Tage gefördert von den großen Weisen im Zustand tiefer Meditation. Es ist keine Sprache, in der Menschen sprechen. Diese Phoneme, die in einem überbe­wussten Zustand empfangen werden, führen den Sucher immer höher, bis er schließlich die vollkommene Stille erreicht. Je mehr sich das Bewusstsein er­weitert, umso tiefer offenbart das Mantra seine Bedeutung. Es öffnet den Zugang zu einer übergeordneten Bewusstseinsebene. Eine alt-ehrwürdige Tradition auszubeuten, indem man Mantras auf dem Markt verkauft, ist absurd.

Ein Mantra hat genau wie ein Mensch viele Hüllen: grobe, subtile, noch subtilere und die subtilsten. Nehmen wir zum Beispiel die Silbe AUM. Diese drei Buchstaben repräsentieren die drei Zustände des Wachens, Träumens und Schlafens – oder eben die drei Körper des Grobstofflichen, Feinstofflichen und des Subtilsten. Doch der vierte Zustand oder der subtilste Körper des Mantra ist formlos, lautlos und undefinierbar. Wenn ein Schüler den Prozess von Laya Yoga versteht, dann vermag er den formlosen Körper und das Über­bewusstsein des Mantra erkennen. Ein Mantra ist extrem machtvoll und essentiell, wie die kompakte Form eines Gebets. Wenn man es immerzu erinnert, wird es ein Lotse. Weiterlesen

Lesedauer 5 Minuten

Antworten von Pandit Rajmani Tigunait

 

Frage Agni-Magazin: Das Yoga Sutra unterstreicht Svadhyaya – das Selbststudium – als eine Schlüsselkomponente der spirituellen Praxis. Wie kann Svadhyaya mir helfen, Hindernisse hinsichtlich meines spirituellen Wachstums zu beseitigen?

 

Pandit Rajmani Tigunait : Das Wort Svadhyaya bedeutet „Studium des Selbst durch einen selbst oder durch Nachsinnen über die Schriften“. Praktisch gesprochen bedeutet es, Japa (mentale Wiederholung) der offenbarten Mantras zu praktizieren, die wir von einem Lehrer durch Einweihung erhalten, und über die Anleitung zu kontemplieren, die wir von unserem Lehrer oder von den Lehren in den authentischen Schriften erhalten.

Oft verpflichten wir uns zu einer spirituellen Disziplin, ohne genügend Wissen über uns selbst, unsere Ziele und die Mittel zu haben, mit denen wir versuchen, unsere Ziele zu erreichen. Aus diesem Grund werden wir entmutigt, wenn während unserer Praxis Hindernisse auftauchen. Weil wir nicht genügend Wissen haben, können wir die Hindernisse oft nicht einmal erkennen.

Selbst wenn wir sie einmal erkannt haben, wissen wir nicht, wie wir sie überwinden können, weil wir ihre Ursache nicht kennen. Wir werden frustriert und entmutigt und geben der Praxis, dem Lehrer und uns selbst die Schuld. Indem wir Svadhyaya in unsere tägliche Praxis einbauen, erwerben wir die Fähigkeit, die Hindernisse zu erkennen, bevor sie auftauchen. Weiterlesen

Lesedauer 6 Minuten

Antworten von Pandit Rajmani Tigunait

Frage: Wenn Meditation erfordert, dass wir nichts denken, warum müssen wir uns dann an unser Mantra erinnern?

Pandit Rajmani Tigunait : Es gibt einen Grund, warum man sich an sein Mantra erinnern muss. Wir benutzen Mantra als Vehikel, um diesen Zustand des Nicht-Denkens in der Meditation zu erreichen. Solange man einen Verstand hat, muss man nachdenken. Das ist eine grundlegende, fundamentale Eigenschaft von Geist – tatsächlich ist die Natur des Geistes Spanda (Pulsieren), mit vollem Bewusstsein, dass er sich bewegt. Wenn es eine energetische Bewegung ist, dann in Form von Prana. Wenn es Bewegung im Sinne von Gedanken ist, dann wird es Geist genannt. Prana als Vehikel zum Verständnis der Bewegung von Gedanken wird „Geist“ genannt, und das Vehikel zur Wahrnehmung von Bewegung in Form seiner energetischen Dimension wird ebenfalls „Geist“ genannt. Geist ist Prana, und Prana ist Geist – beide sind genau dasselbe. Wenn der Geist aktiv ist, dann ist auch Prana aktiv. Wenn der eine gestört ist, ist auch er andere Teil gestört. Wenn der eine ruhig und gelassen ist, ist der andere Teil ruhig und gelassen. Dies ist ein unvermeidliches Naturgesetz. Weiterlesen