Das heilige Feuer in Dir ist Guru, der innere Lehrer
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Von Swami Rama
Auszug einer Rede anlässlich von Guru Purnima, dem jährlichen Tag zu Ehren des Lehrers,
dokumentiert in seiner Biographie „Zur elften Stunde: Swami Rama„
Heute werde ich euch anlässlich von Guru Purnima erzählen, was ein ›Guru‹ ist. Die Menschen haben dazu viele falsche Ansichten. Das Wort Guru ist ein heiliges Wort. Tatsächlich verwenden wir dieses Wort nicht allein für sich. Es wird immer ergänzt durch Deva. Wir sagen immer Gurudeva.
Viele Leute meinen, dass der Guru ein bestimmter Mensch sei. Das ist ein großer Fehler. Genauso wie ihr, ich und jedermann wird dieser menschliche Guru geboren und stirbt irgendwann, wogegen der ›Gurudeva‹ unsterblich ist. Er ist ungeboren und weder Tod noch Verfall oder Zerstörung unterworfen. Vom Beginn der Geschichte an haben die Menschen versucht, Führung zu erhalten von diesem Guru, von jenem Lehrer, Priester oder Swami. Doch bis heute hatten sie damit keinen Erfolg. Egal wie viele Bücher ihr lest und bei wie vielen Lehrern oder Priestern ihr lernt, nie werdet ihr vollkommen frei sein von euren Zweifeln und Ängsten. Solange ihr nicht frei seid von Zweifeln und Ängsten, könnt ihr euch nicht von ganzem Herzen euren Übungen zuwenden. Solange ihr nicht mit ganzem Herzen übt, könnt ihr keine direkte Erfahrung erlangen. Ohne direkte Erfahrung könnt ihr keine wirkliche Tröstung finden.
Wenn ihr Führung vom göttlichen Wesen in euch erhaltet, schwinden eure Ängste und Zweifel. Ihr empfindet dann keine Notwendigkeit mehr, euren Pfad, euren Lebensweg bestätigt zu bekommen. Das innere Licht füllt euch mit unerschütterlicher Überzeugung. Eure Überzeugung wird dann zur Quelle eurer Stärke. Wenn die Lampe der Überzeugung von der göttlichen Kraft in euch erleuchtet worden ist, dann werdet ihr unermesslich stark. Um Frustration und Enttäuschung zu vermeiden, sucht und findet den inneren Lehrer, den inneren Gurudeva. Im Licht des inneren Gurus werdet ihr zu unterscheiden lernen, was richtig ist und was nicht, was gut für euch ist und was nicht.
Unterscheiden lernen, was für uns konstruktiv und nicht-konstruktiv ist
Wenn ihr richtig und falsch und gut und schlecht nicht unterscheiden könnt, dann werdet ihr in der äußeren Welt ein Opfer von Missbrauch und Ausbeutung bleiben. Ganz gleich, wie erleuchtet euer Guru ist, er kann eure eigene Erleuchtung nicht garantieren. Er kann euch anleiten. Er kann euch das Licht zeigen. Aber ihr selbst müsst nach innen gehen und das innere Licht umarmen. Es gibt nicht sehr viele wirklich vollkommene Meister. Und selbst, wenn ihr Glück habt und einem begegnet, er wird in das Gesetz der Vorsehung nicht eingreifen. Er wird euch helfen, eure Stärken und Schwächen zu erkennen. Er wird euch helfen, zu lernen, wie ihr eure Schwächen überwinden und eure Stärken pflegen könnt. Wenn es angemessen und an der Zeit ist, und wenn es dem göttlichen Willen entspricht, dann wird er die innere Flamme auf dem Altar eures Herzens entzünden. Bevor er das aber macht, wird er sich vergewissern, dass ihr den Wert der Selbstverantwortung verstanden und begriffen habt, wie man die Flamme am Leben erhält und sich in ihrem Licht sonnt. Das nennt man Vorbereitung auf die göttliche Gnade.
Es ist eure Aufgabe, die Lampe, den Docht und das Öl zu besorgen. Wenn diese Vorbereitung erledigt ist, dann inspiriert die schlafende Flamme in euch die erwachte Flamme in eurem Lehrer, eure Lampe zu entzünden. In anderen Worten: Auf Bitten eures inneren Lehrers geschieht es dann, dass ein erleuchteter Meister spontan motiviert ist, der ewigen Flamme zu dienen, die in euch wohnt. Ein wahrer Lehrer weckt in einem Schüler nie falsche Erwartungen. Er sagt niemals: ›Du dienst mir und ich werde für dich die Übungen machen‹.
Indem man tut, was ein Meister getan hat, wird man zu einem Meister
Lasst es mich ganz klar und deutlich sagen: Allein dadurch, dass man mit einem großartigen Menschen zusammen ist, wird man nicht automatisch zu einem großartigen Menschen. Allein dadurch, dass man mit einem Meister zusammen ist, wird man nicht zu einem Meister. – Indem man tut, was ein Meister getan hat, wird man zu einem Meister. Schaut euch die großen Meister an: Krishna, Rama, Buddha, Christus. Millionen Menschen kennen sie – wie viele aber von denen wurden erleuchtet? Kaum einer oder zwei. Diese großen Meister verfügten über große Kraft und waren mitfühlend, und dennoch blieben Menschen in ihrer Umgebung unwissend und kummervoll. Tatsächlich strengten sich nur sehr wenige an, aus der Weisheit des Meisters Nutzen zu ziehen, und deshalb leiden ohne Ausnahme fast alle Anhänger dieser großen Meister unter Hassgefühlen, Eifersucht, Neid, Angst, Verlangen, Anhaftung und unter ihrem aufgeblähten Ego, und zwar genauso wie jene, die keine Chance hatten, in der Gegenwart einer dieser großen Seelen zu leben.
Du selbst bist das heilige Feuer von Guru
Dieser Guru-Purnima-Tag soll euch daran erinnern, dass sich euer Gurudeva in euch befindet. Dieses strahlende Wesen zeigt sich in euch in der Form von Begeisterung, Mut, Selbstvertrauen, Zuversicht, Selbstmotivation und Gottvertrauen oder Glaube an Gott. Fasst bei dieser Gelegenheit den festen Entschluss, euch selbst mit erneuerter Energie euren Übungen zu widmen. Macht euch von niemandem abhängig, auch nicht von der physischen Gestalt eures Gurus. Es ist wichtig, dass ihr euren Guru liebt und ihm mit Respekt begegnet. Vertraut ihm, aber macht nicht den Fehler, euren Guru mit dem Körper gleichzusetzen. Betrachtet lieber das heilige Licht, das heilige Feuer, als den Guru. Dieses heilige Feuer unterscheidet sich nicht von euch. Ihr selbst seid dieses Feuer.
Buchauszug aus „Zur elften Stunde: Swami Rama – Weltbürger und Yogi aus dem Himalaya, Biographie eines spirituellen Meisters“ (von Pandit Rajmani Tigunait, Deutsche Erstausgabe, Agni Verlag 2021). Das Buch ist erhältlich im Agni Verlag Webshop, ab Herbst 2021 auch in unserem Verlagsshop auf Amazon (inkl. Blick-ins-Buch) und im örtlichen Buchhandel. Übersetzt von Roderich Wahsner, editiert von Michael Nickel.