Schlagwortarchiv für: Gedankenfutter

Lesedauer 11 Minuten

Von Michael Nickel

Am Anfang steht ein Geständnis: Ich bin Schokoholiker. Oder sollte ich heute besser sagen, ich war es? Oder, ich bin ein trockener Schokoholiker? Wer weiß. Was ich jedoch weiß: heute geht es hier im Gedankenfutter um das Loslassen von Gewohnheiten. Um einen spielerischen Selbstversuch, eine tiefsitzende Gewohnheit loszulassen. Mein persönliches Experiment in Nicht-Anhaftung oder in Fachyoginesisch: Prayoga („ein Experiment“) in Anubhava („eine direkte Erfahrung zu erlangen“) zu Vairagya („Nicht-Anhaftung“) durch Svatantra („Selbstständigkeit, eigenes System, Unabhängigkeit“).

Also ein Experiment, um eine direkte Erfahrung von Nicht-Anhaftung zu erreichen, indem ich selbstständig mein eigenes System und meine eigene Herangehensweise wähle. Das Experimentiersystem ist also meine persönliche Beziehung zur Schokolade und die Herangehensweise ist, für einen bestimmten Zeitraum auf Schokolade zu verzichten und zwar zu einem selbst gewählten Zeitpunkt und nicht im Rahmen von gesellschaftlichen oder spirituellen Konventionen. Also keine „Sieben Wochen ohne“, als äußerlich vorgegebene Fastenzeit. Ein solches selbst-verantwortliches Experiment braucht jede Menge Sankalpa Shakti – also die kombinierte Energie von gutem Vorsatz und Umsetzung. Darüber haben wir in den letzten Wochen im Gedankenfutter sinniert.

Weiterlesen

Lesedauer 6 Minuten

Von Michael Nickel

Gehörst Du auch zu den Menschen, denen die kurzen Tage und langen, dunklen Nächte im Winter zu schaffen machen? Wenn ja, bist Du sicher nicht alleine und kannst vermutlich eine Inspiration gebrauchen, die Dunkelheit mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Wenn Du nicht zu diesen Menschen gehörst, dann geht es Dir vielleicht wie mir und Du magst die Dunkelheit – solange sie begrenzt ist!

Für viele scheint dieser Winter im Kopf und im Herzen besonders dunkel zu sein, wo zu den langen Nächten nun auch noch Ausgangsbeschränkungen und mehr hinzukommen. Doch mal ganz objektiv betrachtet: Die Tage sind nicht kürzer als im letzten Winter und auch die Nächte sind nicht dunkler als früher. Trotzdem kommt es uns vielleicht so vor. Und da sind wir schon beim Kern der Sache: Unsere Wahrnehmung von Dunkelheit und Licht ist höchst subjektiv. Besonders unsere Wahrnehmung von Dunkelheit hängt ganz wesentlich von unserer Prägung, unseren Erfahrungen, unseren Vorstellungen und Ängsten in Bezug auf die Dunkelheit ab. Und genau an diesem Punkt können wir konstruktiv eingreifen, indem wir die Perspektive wechseln. In anderen Worten, wir sind nicht die ewigen Opfer unserer eigenen subjektiven Welt der Gedanken und Emotionen. Wir können diese vielmehr ändern. Eines der wirkungsvollsten Werkzeuge dazu ist, durch einen Perspektivwechsel und positives Denken eine positive Konnotation zum betroffenen Gedankenkonstrukt – hier die Dunkelheit und lange dunkle Nächte – zu erschaffen und damit im wahrsten Sinne des Wortes ein Licht im Dunkeln aufgehen zu lassen. Weiterlesen

Lesedauer 9 Minuten

Von Michael Nickel

Ja, dieses Gedankenfutter spricht heute vom „Himmel“ – und doch gilt dabei: Nein, es geht nicht um Religion! Es geht um unsere persönliche Weltsicht, genauer gesagt darum, wie wir durch unser persönliches In-die-Welt-Schauen jederzeit vor der Wahl stehen, ob wir unser Leben sprichwörtlich im Himmel oder der Hölle verbringen. Leider sind wir uns dessen oft nicht bewusst. Und noch ein viel größeres „leider“ später, stecken wir dann auch schon im Höllenfeuer und versuchen die Pein zu ertragen, die wir dort finden – im Glauben, dass es gar nicht anders kommen konnte. Dabei hast Du jeden Tag von Neuem die Wahl, wo es morgen hingehen soll: In den Himmel oder die Hölle.

Es geht in diesem Gedankenfutter um Schlaf, um Himmel und Hölle, um Tod, um Wiedergeburt – und das alles im Alltag und nicht erst im nächsten Leben! „Hilfe!“, denkst Du jetzt vielleicht, „wie soll daraus etwas Positives werden, ohne in die Religion abzurutschen?“ Ganz einfach, indem wir bei etwas herrlich Positivem anfangen und dann Schritt für Schritt weitergehen. Wir machen den Anfang beim Schlaf … Weiterlesen

Lesedauer 4 Minuten

Von Michael Nickel

Diese Woche wurde ich gefragt, welche Philosophie für mich den „besten Weg zur Freude“ verkörpert. Ich musste wirklich etwas darüber nachdenken. Es gibt sicher viele Wege zur Freude – doch gibt es unfehlbare Wege? Bei aller yoga-philosophischen Prägung, die ich in den letzten Jahren erfahren habe, ging es dann doch „back to the roots“ und ich kam bei der Bibel an, bei einem Prinzip, das unsere westliche demokratische Gesellschaft in den Grundfesten mitgeprägt hat: Die Philosophie hinter dem Gebot der Nächstenliebe, Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

Als Kind dachte ich, dass Nächstenliebe bedeutet, anderen bedingungslos etwas Gutes zu tun. Das mag so gelten, aber letztlich ist es erst der zweite Schritt oder anders gesagt, die Konsequenz der Nächstenliebe. Denn, um jemandem bedingungslos etwas Gutes zu tun, müssen wir erst einmal bereit sein, das innere Bewerten sein zu lassen. Wir müssen jemanden so akzeptieren, wie sie oder er ist, damit wir überhaupt auch nur bereit sind, diesem jemand etwas Gutes zu tun. Dabei vergessen wir oft den zweiten Halbsatz: wie Dich selbst!

Das Ausrufezeichen hinter diesem Halbsatz kann gar nicht fett genug sein. Denn der zweite Halbsatz drückt gleich Zweierlei aus. Erstens: Akzeptiere Dich selbst, so wie Du bist und tu Dir selbst Gutes. Zweitens: Andere zu akzeptieren und ihnen Gutes zu tun, geht nur, wenn wir dieses Prinzip zunächst auf uns selber anwenden. Es ist eine Art Vorbedingung. Wie könnte man erwarten, anderen in Reinheit etwas Gutes tun zu können, wenn man sich im Herzen nicht selbst achtet und liebt?

Interessanterweise finden wir genau dieses Prinzip auch in der Yoga-Philosophie wieder, allerdings in einer Weise, die selbst für viele Yogis im Westen eine unorthodoxe Sichtweise darstellt, denn es geht dabei um den Begriff „Vairagya“ oder „Nicht-Anhaftung“. Der Weise Bengali Baba brachte gegenüber seinem Schüler Swami Rama Folgendes zum Ausdruck:

»Viele Menschen verwechseln Anhaftung mit Liebe. Doch in der Anhaftung werden wir egoistisch, fokussiert auf die eigene Freude – und wir missbrauchen dann die Liebe. Wir werden besitzergreifend und versuchen alle Objekte unserer Sehnsüchte zu erlangen. Anhaftung erzeugt Fesseln, während Liebe Freiheit schenkt. Wenn Yogis von Nicht-Anhaftung sprechen, lehren sie nicht Gleichgültigkeit, sondern sie lehren, wie man andere wahrhaftig und selbstlos lieben kann. Nicht-Anhaftung oder Liebe kann gleichermaßen von denen praktiziert werden, die in der Welt leben, wie auch von denen, die der Welt entsagt haben.«

Aus: Swami Rama – Mein Leben mit den Meistern des Himalayas

Jeder kann also Nicht-Anhaftung praktizieren! Jeder kann lieben! Das Zitat führt uns gleich mehrfach zurück zum Anfang meiner Überlegung: Zur Frage nach „dem besten Weg in die Freude“. Es geht nicht darum, in eine oberflächliche Freude zu gelangen. Genausowenig wie es in der Nächstenliebe oder der Selbstliebe um eine oberflächliche Liebe geht. Um wahrhaftige Liebe oder Nicht-Anhaftung, um in den Worten von Bengali Baba zu bleiben, wie auch unsere tiefgründige Freude zu erfahren, müssen wir nichts „tun“. Beides ist eine Frage des Annehmens, des Geschehenlassens, das sich nur in einer Grundentspannung unseres Wesens entfalten kann, die man wiederum nicht „erzeugen“ kann. Ganz so wie ein Baum, der das Geschenk des Sonnenlichtes und des CO2 annimmt und basierend darauf durch die Photosynthese in Zucker (oder Selbstliebe) und Sauerstoff (oder Nächstenliebe) produziert. Unsere Nächstenliebe und unsere Nicht-Anhaftung manifestieren sich dementsprechend als Geschenk aus dem entspannten Gleichmut oder einer entsprechenden Gelassenheit heraus – und dieser ist die Folge oder das Geschenk unseres Übens von Yoga im Sinne des Yoga Sutra.

Oder wie Pathabi Jois, der Gründer des Ashtanga Yoga-Stils, es ausdrückte: „Übe – und alles wird kommen.“ Jeder Tag gibt uns die Gelegenheit dazu. Und zugleich ist das Üben ein positiver Akt der Selbstliebe. Hört sich das nicht nach einer positiven Feedback-Schleife an? – Um so besser, denn den Ausdruck negativer mentaler Teufelskreise finden wir in unseren herausfordernden Zeiten ja eh schon oft genug. Zeit also, dem etwas entgegenzusetzen: Selbstliebe, Nächstenliebe, Nicht-Anhaftung – und üben, üben, üben!

 


Unzufriedenheit GEdankenfutter Michael Nickel - Foto:Andre Hunter Unsplash
Lesedauer 11 Minuten

Von Michael Nickel

Unzufriedenheit ist ein heißes Eisen. Sie breitet sich in schwierigen Zeiten aus wie eine Infektion, langsam und kriechend und bringt ihre fiese Schwester mit, die Empörung. Moment mal! Sage ich hier etwa, dass es schlecht ist, unzufrieden zu sein und sich zu empören? – Nein, nicht wirklich! Und: Ja, in gewisser Weise schon. Wie kommt eine solche ambivalente Aussage über Unzufriedenheit und Empörung zustande?

Wir müssen uns klar sein, dass alles, dem wir in diesem Universum begegnen, zwei Seiten hat. Allem in dieser Welt wohnen im Kern schlummernd konstruktive und nicht-konstruktive, um nicht zu sagen destruktive, Aspekte inne. Ob sich das konstruktive oder das nicht-konstruktive manifestiert ist eine Frage des Bewusstseins, mit dem etwas verbunden ist. In Punkto Unzufriedenheit und Empörung ist es also unser eigenes Bewusstsein, von dem wir hier sprechen. Der erste Punkt ist also, dass es davon abhängt, welchen Grad an Klarheit und Bewusstsein wir über unsere Unzufriedenheit und die daraus resultierende Empörung haben. Dies beeinflusst, ob sich daraus ein konstruktives oder ein nicht-konstruktives Resultat ergibt. Weiterlesen