Frühjahr 2021 –
Heilung finden und aufblühen mit Yoga
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Von Michael Nickel
Freust Du Dich auch so sehr über die Blüten, die uns die Natur im Frühjahr schenkt? – Das Frühjahr ist die Zeit des Aufblühens und des Neuanfangs, nachdem sich im Spätherbst und Winter der überwiegende Teil der Natur zurückgezogen hat und in die Ruhe gegangen ist. Bildlich gesprochen möchten wir Menschen wohl alle gerne das Gefühl des Aufblühens und des dauerhaften Blühens in unserem Leben haben. Doch nicht immer ist das der Fall. Nicht immer gelingt es uns, die Rahmenbedingungen dafür zu finden oder zu schaffen. Oft scheinen äußere Umstände dagegen zu stehen, die wir nicht beeinflussen können. Doch oft liegen jene Hindernisse, die unser Erblühen verhindern, in uns selbst, auch wenn dies nicht immer auf den ersten Blick sichtbar ist. Die Yoga-Philosophie spricht in diesem Zusammenhang von den Hindernissen oder Behinderungen auf unserem Yoga-Weg und Lebenspfad. Es ist als Konzept von Antaraya in Yoga Sutra 1.30 ausgeführt.
Antarayas nach Yoga Sutra
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Körperliche, mentale und emotionale Herausforderungen und Einschränkungen spielen in diesem Kontext wohl die herausragendste Rolle. Daher steht in Yoga Sutra 1.30 auch der Begriff der Krankheit oder des unausgewogenen Zustandes an erster Stelle. Dementsprechend ist das Beseitigen der Hindernisse, welche unserem Aufblühen im Wege stehen, oftmals – oder vielleicht sogar immer – ein Prozess der Heilung. Dies ist vielleicht nicht immer so offensichtlich, was vor allem daran liegt, wie wir im Deutschen heutzutage das Wort Heilung verwenden. Daher macht es unter Umständen mehr Sinn, in diesem Zusammenhang vom „heil werden“ anstatt vom „heilen“ zu sprechen, auch wenn es letztlich ein und dasselbe ist.
Was „Heilung“ und „Heil sein“ bedeutet
Das Wort Heilung steht stark im Spannungsfeld von „evidenzbasierter Medizin“ und „alternativen Heilmethoden“ und es existieren gar gesetzliche Vorgaben zum Umgang mit „Heilversprechen“. Kein Wunder, dass wir in diesem Kontext weitgehend vergessen haben, dass das Wort Heilung in seiner Abstammung vom germanischen haila nicht nur „gesund“, sondern auch „ganz“ im Sinne von „komplett“ oder „vollständig“ bedeutet. In anderen Worten, „heil sein“ ist ein Zustand, in dem nichts fehlt. Heilen oder heil werden bedeutet dementsprechend, einen Zustand zu erreichen, in dem wir uns auf allen Ebenen komplett fühlen.
Hoppla! Wenn wir Heilung so betrachten, dann sehen wir schnell, dass wir alle, jede und jeder einzelne von uns, in vielerlei Hinsicht des Heilwerdens oder der Heilung bedürfen. Insbesondere in der andauernden Zeit der Pandemie scheint es, dass der Mehrheit der Menschen an allen Ecken und Enden des eigenen Seins etwas fehlt. Sei es durch äußere oder selbstgewählte Beschränkungen oder das Auf und Ab an Ereignissen und Meinungen rund um die Eindämmung der Pandemie. Sind nicht all die polarisierenden Diskussionen, die wir so weit verbreitet finden ein Ausdruck des Bedarfs, als Einzelwesen und als Gemeinschaft wieder heil zu werden? Vielfach wird schlicht übersehen, wie selbst-schädigend unser Umgang mit anderen und uns selber in der Pandemie geworden ist. Und das auf ganz vielen Ebenen, was uns letztlich wieder zu den Antarayas aus Yoga Sutra 1.30 bringt.
Doch was ist dann eigentlich Heilung aus Sicht des Yoga? Genau um dieses Thema soll es im Schwerpunkt in dieser sich dynamisch entwickelnden Frühjahrs-Edition im Agni-Magazin gehen: Yoga und Heilung – Was verbirgt sich hinter diesen oft gemeinsam genannten Schlagworten?
Zunächst einmal hilft es vielleicht dabei, uns dem Thema „Yoga und Heilung“ zu nähern, wenn wir den Wortursprung von Yoga wörtlich nehmen, als „Verbindung“. Dann wird aus den Schlagworten „Yoga“ und „Heilung“ plötzlich „Verbindung“ und „Heilung“, was wir dann leicht als „Verbindung zum Ganz-Werden“ lesen können. Swami Rama, betont in seiner Autobiographie genau dies im Epilog zu einer Gruppe von Kapiteln, die sich rund um das Thema Heilung drehen:
Die Kraft der Selbstheilung ist in jedem einzelnen Menschen und dessen Leben versteckt. Wenn man das Potential dieser Kraft entdeckt, kann man sich selbst heilen.
Swami Rama
in: Mein Leben mit den Meistern des Himalayas
Es geht also darum, die Selbstheilungskräfte zu entfalten
Es ist wichtig, sich dies immer wieder vor Augen zu halten! Beim Thema „in einen Zustand zu kommen, in dem nichts fehlt“ geht es um Kräfte der Selbstheilung. Was oft esoterisch klingt kann ganz nüchtern auch naturwissenschaftlich betrachtet werden. Moderne wie traditionelle Heilverfahren, Medikamente, Kräuter, Hausmittel und Co haben alle eines gemeinsam: Die Heilung wird von ihnen nicht von außen vollbracht und erzeugt, auch wenn das manche so glauben mögen – sie unterstützen die Heilung lediglich von außen. Die Heilung ist ein Prozess, der im Innern geschieht. Es ist ein Prozess der durch unsere physiologischen und mentalen, wie emotionalen Selbstheilungskräfte aktiv zustande gebracht wird. Und ja, dieser Prozess lässt sich selbstverständlich durch alles, was wir als Heilverfahren und Medikamente von außen anwenden, unterstützen, lenken, beeinflussen, beschleunigen und modulieren. Doch das ist es dann auch schon.
In anderen Worten, die Reparatur all der Aspekte, in denen wir „unvollständig“ sind oder uns „unvollständig fühlen“ wird nicht von außen erbracht, sondern vollständig durch uns selbst. Wie in allen konstruktiven Prozessen wird ein weiser Mensch dann alles an Hilfsmitteln hinzunehmen, was den Prozess unterstützt. Sollte man zumindest meinen. Doch wir sind oft meilenweit davon entfernt. Nicht nur, weil wir oft zu sehr an die Macht der äußeren Hilfsmittel – wie Medikamente, Operationen, Ärzte, Therapeuten, etc. – alleine glauben.
Um nicht missverstanden zu werden: Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich als Naturwissenschaftler und tantrischer Yogi aus beiderlei Hinsicht von Herzen dafür propagiere jegliches äußere Hilfsmittel zu nutzen, welches unser Heilwerden in unserem persönlichen, spezifischen Fall unterstützt! Das schließt ganz explizit die Errungenschaften der modernen Medizin mit ein. Was ich an dieser Stelle betonen möchte, ist hingegen, dass wir allzu oft wesentliche Faktoren übersehen, die unsere Selbstheilung erst ermöglichen. Wieder ist es ein Ausspruch von Swami Rama, der mir persönlich vor einigen Jahren die Augen in Sachen Selbstheilungsprozesse geöffnet hat:
Ihr Menschen im Westen seid viel zu ungeduldig. Zeit ist der größte Heiler.
Swami Rama
Die Zeit konstruktiv schalten und walten lassen
Ist es nicht so? – Sobald wir erkennen, wo wir der Heilung bedürfen, wo wir ganz werden müssen, wo etwas fehlt, wollen wir sofort eine Lösung dafür. Wir übersehen den größten Faktor im Prozess der Selbstheilung überhaupt: Zeit! Das ist wohl auch der Grund, weshalb die moderne Medizin und Pharmazie eine so unglaublich große Wirtschaftsbranche geworden ist: Es lässt sich viel Geld verdienen, indem man die Ungeduld bedient. Wir übersehen dabei aber oft, dass die vermeintliche Heilung, welche hierbei erreicht wird, lediglich ein Übertünchen der Symptome ist, anstatt eine tiefgreifende, langfristige Selbstheilung zu unterstützen, wenn wir dem Prozess nur Zeit geben und die übrigen Parameter, Umstände und Hilfs- wie Heilmittel möglichst weise wählen.
Auch hier wieder die Klarstellung: es geht beim Thema Zeit nicht darum, einfach untätig abzuwarten. Es geht darum, die Zeit als freundschaftliche Kraft zu gewinnen und Zeit wie Raum zu schaffen, in denen sich die Selbstheilungskräfte entfalten können. In diesem steht einer der Gedankenfutter-Texte, die ich kürzlich geschrieben habe, der sich mit dem Thema Zeit und Yoga Nidra auseinandersetzt.
Yoga Nidra – auch bekannt als „yogischer Schlaf“ – ist vordergründig eine Entspannungstechnik aus dem Yoga. Ich sage deshalb „vordergündig“, weil die Technik von Yoga Nidra im traditionellen Sinn nicht auf Entspannung selbst abzielt, sondern auf eine spirituelle Selbsterfahrung des eigenen Wesenskerns im Zustand jenseits von physischer und mentaler Selbstdefinition, wie es im Mandukya-Upanishad dargestellt wird. Entspannung auf allen Ebenen ist für diesen Prozess die wichtigste Vorbedingung. Deshalb legt Yoga Nidra solch großen Wert darauf. Auch für die Entfaltung unserer Selbstheilungskräfte ist Entspannung vor allem anderen jener Parameter, der unsere Selbstheilungskräfte mit am nachhaltigsten unterstützt – und das kann ich aus eigener jahrelanger Erfahrung mit früheren körperlichen Schmerzzuständen bestätigen.
Spannungsabbau ist notwendig um die Entfaltung der Selbstheilungskräfte zu erlauben
Es geht dabei um Entspannung auf allen Ebenen. Spannungen – ganz gleich ob muskulär, mental oder emotional – stellen die größten Hindernisse für die Entfaltung unserer Selbstheilungskräfte dar. Aus diesem Grund ist Heilung oder Heilwerden auch ein spiritueller Prozess. So ungewohnt diese Ansicht für uns in unserer modernen, aufgeklärten Welt sein mag, so ist sie doch in allen traditionellen Systemen der Heilung zu finden, auch in unserem christlich geprägten Abendlande, selbst wenn wir uns dessen nicht mehr bewusst sind. Die Ayurveda-Lehre, wie auch die Yoga-Psychologie, bringen ganz klar zum Ausdruck, dass eine vollständige Heilung auf körperlicher, mentaler und emotionaler Ebene nur möglich sind, wenn wir auch auf der spirituellen Ebene „heil werden“.
Dies mag sich für viele esoterisch anhören. Das Wort „Spiritualität“ ist heute oft aufgeladen. Ist es aber im Grunde gar nicht. Der einflussreiche amerikanische Yogalehrer Rod Stryker liefert eine wunderbar zugängliche Definition von Spiritualität. Er sagt sinngemäß:
Spiritualität beginnt dort, wo die Grenzen unseres Egos aufhören.
Rod Stryker
Das bedeutet dann letztlich, dass die Akzeptanz, dass es etwas jenseits unserer Welt des Egos gibt – in welcher Form wir dies auch immer wahrnehmen – der Bereich unserer persönlichen Spiritualität darstellt. Erst in der Auseinandersetzung mit dieser Weltsicht werden wir bemerken, dass oftmals Aspekte existieren, welche fehlen oder die wir ausblenden, sei es bewusst oder unbewusst. Es geht dann auch hier wieder um das Ganz-Sein und damit um den Prozess des Heilwerdens auf Ebene der Weltsicht. Oder anders ausgedrückt, unsere Heilung auf der Ebene unserer ureigenen Spiritualität.
Yoga und seine zu Grunde liegende Philosophie, und insbesondere seine daraus abgeleiteten Techniken geben uns die Werkzeuge in die Hand, unsere Selbstheilung auf allen Ebenen zu unterstützen – körperlich, mental, emotional und eben auch spirituell. Die Frühjahrs-Edition des Agni-Magazins ist eine Einladung, diese Aspekte zu erkunden. Einen Einstieg und eine Unterstützung dabei wird die vierteilige Serie „Yoga als Heilkunst“ von Rolf Sovik sein, die Du Dir wie immer auch vorlesen lassen kannst. Viele Anregungen und Aspekte zu diesem Thema findest Du auch im Buch „Die Kunst des freudvollen Lebens“ von Swami Rama. Auch das Schwerpunktthema „Atem“ der Winter-Edition 2020/21 des Agni-Magazins gehört in den Aspekt der (Selbst-)Heilung hinein.
Heilung und Heilwerden: In der Pandemie an allen Ecken und Enden nötig
Die Inspiration zum Thema „Yoga und Heilung“ entstand aus dem Gefühl heraus, dass als Konsequenz der andauernden Pandemie auf vielen Ebenen sichtbar wurde, dass wir alle als Einzelwesen und als Gesellschaft mehr denn je einen Zugang dazu benötigen, heil zu werden und damit persönlich, gesellschaftlich, ökologisch und auch ökonomisch Heilung zu finden. Von Anfang an war das Agni-Magazin als kostenloser Beitrag des Agni Verlags genau dafür da. Inspirationen zu geben, um ein erfülltes und freudvolles Leben zu führen. Denn schauen wir genau hin, dann sehen wir, dass wir ein wirklich erfülltes und freudvolles Leben nur dann führen können, wenn nichts fehlt – wenn wir also heil sind.
Auch der Agni Verlag bedarf momentan der Heilung, denn die Pandemie hat auch bei uns wirtschaftlich starke Spuren hinterlassen. Auch wenn wir insgesamt ungefährdet dastehen, weil wir die passenden wirtschaftlichen Maßnahmen ergriffen haben, damit der Verlag nicht eingeht, fehlt etwas: die geplanten Neuerscheinungen aus 2020, die wir fast alle, bis auf zwei zurückstellen mussten, nachdem die Buchverkäufe branchenweit im Segment der Sachbücher und Ratgeber stark zurück gegangen sind und immer noch auf einem niedrigeren Niveau verharren. Wenn Dich die Themen des Agni-Magazins ansprechen, dann schau Dir doch bitte auch unser Verlagsprogramm an. Du wirst sehen, dass wir das Thema „Heilung“ auch auf ökologischer Ebene sehr ernst nehmen. Wir sind uns des ökologischen Impacts der Buchproduktion bewusst, weshalb wir den Agni Verlag klimapositiv betreiben. Es ist ganz klar, dass wir durch Klimaneutralität zwar ein Plateau der Zerstörung unserer Welt erreichen können, nicht jedoch die „Heilung unserer Umwelt“. Aus diesem Grund sind wir einer der wenigen klimapositiven Verlage Deutschlands, der ganz bewusst mehr in weltweite Aufforstung und auch nachhaltigen Waldschutz in wertvolle alte deutsche Wälder steckt, als dies für „Klimaneutralität“ nötig wäre. Wir im Agni Verlag sehen dies als „Yoga in Aktion“ an.
Wenn Du Dich also für die im Agni-Magazin gebotenen Themen interessierst und Dich in diese Vertiefen möchtest, kannst Du dies in unseren Buchtiteln tun. Du wirst dabei gleichzeitig einer Teil unseres „Yoga in Aktion“, die wir in Form unserer „Mission Lebensfreude“ leben, dem Kernstück unseres Bestrebens, klimapositiv zu sein. Desweiteren unterstützt Du auf diese Weise, dass wir das Agni-Magazin mit seinen vielfältigen Themen zum konstruktiven positiven Denken und freudvollen Leben auch noch lange Zeit kostenlos zu Dir bringen können.
Ich wünsche uns allen als Individuen, Familien, wie auch als Gesellschaft und als gesamte Menschheit und „Lebensgemeinschaft Erde“ ein Heil-Sein im Besten Sinne. Lasst uns alle Mittel und Aspekte des Yoga und aller Weisheitstraditionen der Menschheit nutzen, die wir für die Heilung auf allen Ebenen benötigen. Jetzt in der Pandemie, wie auch weit darüber hinaus. Halte also den Kopf hoch, bleibe gesund und lächle für Dich und andere. Du weißt ja: Wenn es mal schwer fällt, positiv zu denken, dann sind die Autoren des Agni-Magazins für Dich da, mit positiven, inspirierenden Beiträgen auf dem Portal der Positivität.
Herzlichst, Dein
Michael
Michael Nickel, der Autor dieses Beitrags und Gründer-Verleger des Agni-Verlags, übersetzt und verlegt nicht nur Bücher zu Yoga, Yoga-Philosophie und Lenensweisheit, er bietet auch Yoga- und Meditations-Kurse und -Stunden an, die Dich in die Ruhe führen. Er gibt auch regelmäßig Workshops zum Atem und zu Yoga Nidra. Alle Kursangebote und offene Stunden von Michael laufen auch online. Siehe www.santosha-yoga.de für weitere Infos.
Heilung finden und aufblühen mit Yoga