Winter 2020/21 –
Innere und äußere Harmonie finden, durch unseren Atem
Lesen oder Zuhören? Du hast die Wahl! - Lass Dir den Beitrag von unserer KI-Stimme Anisha vorlesen!
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Von Michael Nickel
Was assoziierst Du mit Winter? – Wenn wir diese Frage stellen, bekommen wir oft ganz gegensätzliche Reaktionen. Bei den einen glitzern die Augen, angesichts der Vorstellung, sich die Skier unter die Füße zu schnallen und die Piste hinab zu wedeln. Bei den anderen verzieht sich das Gesicht zu einer säuerlichen Miene, angesichts langer, dunkler Nächte und feucht-kaltem Schmuddelwetter. Doch ganz egal, welche Beziehung Du zum Winter hast, es ist ziemlich wahrscheinlich, dass dieser Winter „anders als sonst“ sein wird und dass wir ihn alle als herausfordernd wahrnehmen werden, angesichts von Corona-Pandemie und persönlichen Einschränkungen durch Lockdown und Co, bis hin zum Verzicht des geliebten Ski-Urlaubs oder eines winterlichen Wellness-Retreats.
Doch nicht verzagen! Auch wenn Du Dir dessen vielleicht nicht so wirklich bewusst bist: Uns wurde etwas Großartiges geschenkt, bei unserer Geburt, das immerzu bei uns bleibt und allzeit das tut, was wir verlangen. Ein wunderbares Geschenk, das sich, solange wir leben, nicht aufbraucht und uns als treuster Freund begleitet. Ein Geschenk, das uns jederzeit aufmuntern kann und ein Freund, der uns in diesem Pandemie-Winter der Einschränkungen nie verlässt und auf seine Weise uneingeschränkt zur Seite steht: unser Atem!
Atem ist Leben – Energie – Freude
Unzweifelhaft ist Atem Leben. Nur wenn wir atmen, leben wir. Unser Körper benötigt den Sauerstoff in der Einatemluft, um den Zell-Metabolismus aufrecht zu erhalten. Und ebenso wichtig: Unser Körper muss CO2 loswerden über die Ausatemluft. Was sich so simpel anhört, ist physiologisch höchst komplex geregelt, doch das kann uns eigentlich ziemlich egal sein, denn unser Körper und unser Atem kennen ihr Zusammenspiel ziemlich genau. Die beiden machen immer genau das, was wir von ihnen verlangen. Doch hier beginnt die Krux auf der einen Seite: oftmals „verlangen“ wir von Körper und Atem Dinge, die mittel- bis langfristig nicht förderlich für uns sind. Sei es durch mentalen und emotionalen Stress, mangelnde Körperhaltung oder Überlastung des Körpers. Und so haben sich bei den meisten von uns „schlechte“ Atemangewohnheiten eingeschlichen. Will heißen: Atemmuster, die uns zwar genug Sauerstoff liefern und genug CO2 abtransportieren, aber sonst auch nichts.
Dabei kann der Atem viel mehr. Denn es kommt nicht nur darauf an, dass er genug Sauerstoff liefert und genug CO2 abtransportiert, sondern es kommt auch darauf an, wie er es macht. Es ist also eine Frage der Qualität des Atems. Und hier beginnt all das, was im Yoga Pranayama genannt wird, und das lässt unseren Atem zu mehr werden als ein „Lebensmittel“. Atem entfaltet sich als Energie des Lebens und erlaubt uns, in unsere Lebensfreude aktiv einzutreten – ganz unabhängig von äußeren Umständen. Aus diesem Grund ist Pranayama vielleicht DAS Übungshandwerkszeug und Geschenk des Universums an uns.
Pranayama wird oft mit »Wissenschaft vom Atem« übersetzt, aber das ist eine begrenzte Interpretation. Pranayama bedeutet wörtlich »das Ayama von Prana« oder übersetzt »die Erweiterung oder Manifestation (ayama) der ersten Einheit (pra) von Energie (na)«. Pranayama ist demnach die Wissenschaft, die Wissen über die Kontrolle von Prana vermittelt. Wer gelernt hat, Prana zu kontrollieren, hat gelernt, alle Energien dieses Universums zu kontrollieren – physisch und mental. Er hat damit zugleich gelernt, seinen Körper und Geist zu kontrollieren.
Swami Rama
Dein Atem steht Dir als hilfreicher Freund zur Seite – auch und gerade in dieser herausfordernden Zeit
Eines ist dir vielleicht beim Lesen der Zeilen oben klar geworden: Vieles kann diesen Winter eingeschränkt werden – doch ganz sicher nicht unser Atem! Noch nicht einmal durch das Tragen von Alltagsmasken oder FFP2-Masken, zumindest wenn wir unseren Atem „richtig“ nutzen, also in einer Weise, die das Potential ausschöpft, welches unser lieber Freund, der Atem, uns zur Verfügung stellt, sofern wir ihn nur darum bitten – und unsere eigene Kommunikation mit unserem lieben Freund ein wenig auf Vordermann bringen. Doch dazu werden wir noch in einem gesonderten Beitrag in unserem „Portal der Positivität“ in der Themenkategorie „Hilfreiche Übungen & Tipps“ kommen.
Aus diesem Grund werden wir im Agni-Magazin diesen Winter den Schwerpunkt auf das Thema Atem und Pranayama legen. Aber vielleicht anders als Du das erwartest, wenn Du das Wort Pranayama liest oder hörst. Es steht viel über Pranayama geschrieben in der Yoga-Literatur und die Vielfalt an Pranayama-Übungen können oftmals verwirrend sein. Doch das muss nicht so sein, wenn wir uns klar machen, woher die Vielfalt der Übungen kommt und das es nicht die Vielfalt an Atemübungen ist, die wir diesen Winter dringend brauchen – sondern vielmehr die lebenswichtigen Grundlagen, die Basics, die uns überhaupt erst erlauben, später in die Vielfalt der Übungen hinein zu treten. Das wir leider allzu oft vergessen, bevor mit komplexen Atemübungen begonnen wird. Die Folge sind immer wieder energetische Ungleichgewichte.
Und mal ehrlich: Wenn schon die Welt im Außen so herausfordernd ist, brauche ich dann herausfordernde, komplexe Übungen, bei denen die Gefahr besteht, dass ich mich selber in ein energetisches Ungleichgewicht hinein manövriere? Oft wird vor lauter sogenannten „fortgeschrittenen“, weil energetisch heftigen Pranayamas übersehen, dass es eine zweite Art von Pranayama gibt, die meditativ ist. Diese erscheinen auf den ersten Blick sehr einfach – was sie auch sind, denn sie sind für jedermann leicht zugänglich. Doch das heißt nicht, dass sie von geringerem Wert sind. Vielmehr ist es so, dass man diese scheinbar so einfachen meditativen Pranayamas beliebig weiter verfeinern kann. Auf diese Weise werden sie zu freundlichen „Begleitern“ auf dem Weg nach innen und zugleich zu heilsamen „Pflegern“ in unserem Alltag. In dieser Winter-Edition des Agni-Magazins schenkt Dir „Panditji“ (aka. Pandit Rajmani Tigunait) im Interview „Das Geheimnis des Pranayamas“ tiefere Einblicke in meditative Pranayamas.
Der Atemfluss trägt also ständig dazu bei, das Muster des Energieflusses zu formen, der dem physischen Körper zugrunde liegt und ihn unterstützt.
Swami Rama
Wenn das winterliche Wellness-Retreat schon flach fällt, wie wäre es dann mit einem täglichen „Atem-Retreat“?
Solche grundlegenden und in ihrer Natur eher meditativen Pranayamas sind es, auf die wir uns in kleinen Atem-Auszeiten für unsere täglichen „Pranayama-Retreats“ in diesem Winter zurückziehen können, um Energie, Ausgeglichenheit und Lebensfreude zu tanken. Und um die Grundlagen für Dich verfügbar zu machen, werden wir in unserem Themenbereich „Hilfreiche Übungen & Tipps“ nach und nach Übungen beschreiben, die es Dir erlauben, die fünf Qualitäten des gesunden Atems zu kultivieren – und Dir nebenbei erlauben, einen mühelosen Atem durch Alltags- und FFP2-Masken zu schenken, auch über längere Zeit des Tragens hinweg.
Eine angenehme Nebenwirkung kann sein, dass Du Zugang zu dem freudvollen, stillen Aspekt in Dir selbst findest, der immer da ist: Deine innere Essenz des Seins und Dein Ruhepol. Die meditativen Pranayamas, von denen Panditji berichtet, die sich allesamt auf das Yoga Sutra beziehen sind Werkzeuge oder sogar Portale in unsere essenzielle Innenwelt, das, was die Yogis Atman nennen oder die westliche Philosophie Seele. So wird aus einem täglichen „Mini-Atem-Retreat“ schnell eine freudvolle, inspirierende Reise auf dem Weg der Selbsterkundung. Erste Inspirationen findest Du schon jetzt im Beitrag zu Samavritti Pranayama.
Die Voraussetzungen für unsere Selbsterkundung werden durch das Verständnis der Mechanismen von Prana und durch die regelmäßige Praxis der Atemwahrnehmung und Atemübungen geschaffen. Das Ergebnis ist ein Erwachen eines ganzen Teils von uns selbst, von dem wir nicht wussten, dass es ihn vorher gab, ein ganz neuer Aspekt unseres Seins, vor dem unsere Augen verschlossen waren.
Swami Rama
Doch ganz egal, ob Du Atemübungen nur dazu nutzt, damit Du besser durch Deine Maske atmen kannst oder ob Du den Atem als Werkzeug und Begleiter auf dem Weg nach innen nutzt: Dein Atem ist und bleibt auf immer Dein bester Freund, der an Deiner Seite steht und geht. So können wir auch in dunklen Zeiten Hoffnung schöpfen, denn was kann uns mit einem besten Freund an der Seite schon geschehen? Dein Atem hat viele weitere gute Freunde, die alle auf den Atem hören und ihm folgen. Zuvorderst Dein autonomes Nervensystem – und so erlauben Dir Dein Atem und das Nervensystem im Zusammenwirken auf spielerische Weise mühelos Stress los zu lassen. Wenn das mal kein Anreiz ist, sich diesem besten Freund mal wieder aktiv zuzuwenden!
In diesem Sinne wünsche ich Dir, dass Du und Dein Freund der Atem viele, viele schöne gemeinsame Stunden diesen Winter haben werdet, trotz aller Herausforderungen im Außen. Halte also den Kopf hoch, bleibe gesund und lächle für Dich und andere. Du weißt ja: Wenn es mal schwer fällt, positiv zu denken, dann sind die Autoren des Agni-Magazins für Dich da, mit positiven, inspirierenden Beiträgen auf dem „Portal der Positivität„.
Herzlichst, Dein
Michael
Die Zitate von Swami Rama in diesem Beitrag stammen alle aus seinem Buch „Die Wissenschaft vom Atem – Eine praktische Einführung in Atmung, Atemachtsamkeit und Pranayama„, erschienen 2019 im Agni-Verlag. Ein Buch, wie geschaffen für diese Zeiten der Covid-Pandemie.
Michael Nickel, der Autor dieses Beitrags und Gründer-Verleger des Agni-Verlags, übersetzt und verlegt nicht nur Bücher zu Yoga und Pranayama, er bietet auch Yoga- und Meditations-Kurse und -Stunden an, die Dich in die Ruhe führen. Er gibt auch regelmäßig Atemworkshops. Alle Kursangebote von Michael laufen auch online. Siehe www.santosha-yoga.de für weitere Infos.
Innere und äußere Harmonie finden, durch unseren Atem